Freispruch für Albumin?

  • r -- SAFE Study Investigators. A Comparison of albumin and saline for fluid resuscitation in the intensive care unit. N Engl J Med 2004 (27. Mai); 350: 2247-56 [Link]
  • Zusammenfassung: Martin Schneider
  • Kommentar: Bernhard Walder
  • infomed screen Jahrgang 8 (2004) , Nummer 8
    Publikationsdatum: 1. August 2004
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Studienziele 
Es ist unklar, ob das Überleben von Kranken auf der Intensivstation durch die Wahl der Infusionslösung zur Erhaltung des intravasalen Volumens (Kristalloide oder Albumin) beeinflusst wird. Die Schlussfolgerungen von zwei publizierten Meta-Analysen weichen voneinander ab. 

Methoden 
In 16 Tertiärspitälern Australiens und Neuseelands erhielten Erwachsene mit einer vermuteten Hypovolämie, die wegen verschiedenen Grunderkrankungen auf der Intensivstation behandelt wurden, doppelblind entweder 4% Albumin oder physiologische Kochsalzlösung (maximal während 28 Tagen). Das ärztliche Team konnte frei über die übrige Behandlung entscheiden. Kranke nach Herzchirurgie, Lebertransplantation oder mit Verbrennungen wurden nicht in die Studie aufgenommen. Primärer Endpunkt war das Überleben in den ersten 28 Tagen. Täglich wurden verschiedene Scores, Vital-, Beatmungs- und Dialyseparameter sowie die Flüssigkeitsbilanz aufgezeichnet. 

Ergebnisse 
6'997 Personen nahmen an der Studie teil, 3'500 in der Kochsalz- und 3'497 in der Albumin-Gruppe. Während der ersten 4 Tage erhielten die Patientinnen und Patienten der Albumin-Gruppe 1,4-mal weniger Flüssigkeit als diejenigen der Kochsalz-Gruppe. Der Zentralvenendruck und die Albuminkonzentration im Plasma waren signifikant höher in der Gruppe, die Albumin erhielt. Während der Beobachtungsperiode von 28 Tagen starben 726 (20,9%) Personen aus der Albumin-Gruppe und 729 (21,1%) aus der Kochsalz-Gruppe (Unterschied nicht signifikant). Die Länge des Aufenthalts in der Intensivpflegestation und im Spital sowie die Häufigkeit von Komplikationen waren ebenfalls in beiden Gruppen ähnlich. In einer nicht geplanten Subgruppen-Analyse hatten Personen mit einem Trauma tendenziell eine höhere Mortalität bei Behandlung mit Albumin (relatives Risiko 1,36; Unterschied nicht signifikant). 

Schlussfolgerungen 
Albumin und physiologische Kochsalzlösung für die Volumensubstitution waren in dieser Gruppe von Kranken auf der Intensivstation ähnlich wirksam. 

Zusammengefasst von Martin Schneider

In dieser Studie mit 7'000 Kranken konnte kein Unterschied in der Sicherheit (gemessen mit dem Endpunkt Mortalität) zwischen der intravenösen Flüssigkeitszufuhr von Albumin 4% und NaCl 0,9% gefunden werden. Können wir nun sowohl Albumin 4% wie auch NaCl 0,9% für die intravaskuläre Flüssigkeitssubstitution bei allen kritisch Kranken einsetzen? Nein. Die Studie hat Limitationen: Die externe Validität ist fraglich, da Personen ohne eindeutiges Volumendefizit aufgenommen wurden und solche nach Herzoperation, nach Lebertransplantation und Verbrennung ausgeschlossen wurden. In der Schweiz ist nur Albumin 5% erhältlich. Ob 1% mehr Albumin einen anderen Einfluss als Albumin 4% auf die Sicherheit der Behandelten hat, ist nicht bekannt. Bei einem in dieser Studie festgestellten Verhältnis der Flüssigkeitssubstitution Albumin 4% zu NaCl 0,9% von 1:1,4 ist die Gabe von Albumin etwa 10-mal teurer. Für Kranke ohne evidenz-basierte Indikation für Albumin ist die Administration von NaCl 0,9% zu empfehlen.

Bernhard Walder

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Freispruch für Albumin? ( 2004)