Rezidivierendes Vorhofflimmern: Sinusrhythmus nicht erzwingen
- a -- Wyse DG, Waldo AL, DiMarco JP et al. The Atrial Fibrillation Follow-up Investigation of Rhythm Management (AFFIRM) Investigators. A comparison of rate control and rhythm control in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med 2002 (5. Dezember); 3 [Link]
- Kommentar: Michel Zuber
- infomed screen Jahrgang 7 (2003)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 2003 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei einem Vorhofflimmern galt das Wiederherstellen und Erhalten eines Sinusrhythmus lange als Therapieziel. Aus Beobachtungsstudien ist bekannt, dass das Risiko für den Übergang in ein chronisches Vorhofflimmern hoch ist. Mit dieser randomisierten Studie versuchte man zu klären, ob eine Strategie mit dem Ziel «Rhythmuskontrolle» längerfristig Vorteile gegenüber einer Strategie mit dem Ziel «Frequenzkontrolle» aufweist.
Methoden
In die Studie aufgenommen wurden Personen mit einem Vorhofflimmern und einem «hohen Rezidivrisiko». Sie waren entweder über 65 Jahre oder wiesen andere Risikofaktoren für ein kardiovaskuläres Ereignis auf. In der Gruppe «Rhythmuskontrolle» wurde eine Konversion in einen Sinusrhythmus mit Antiarrhythmika oder elektrisch angestrebt, und auch zur Rezidivprophylaxe konnten Antiarrhythmika eingesetzt werden. In der Gruppe «Frequenzkontrolle» wurden keine Konversionsversuche unternommen. Mit Betablockern, Verapamil (Isoptin® u.a.), Diltiazem (Dilzem® u.a.) oder Digoxin wurde eine ventrikuläre Ruhefrequenz von unter 80 angestrebt. Alle Teilnehmenden wurden oral antikoaguliert, diese Behandlung durfte frühestens 4 Wochen nach einer erfolgreichen Konversion gestoppt werden. Primärer Endpunkt war die Gesamtmortalität.
Ergebnisse
4'060 Personen wurden während durchschnittlich 3,5 Jahren beobachtet. Bei Eintritt betrug das Durchschnittsalter 70 Jahre, bei gut einem Drittel der Untersuchten war das Vorhofflimmern neu diagnostiziert worden. Etwa die Hälfte litt an einer Hypertonie, ein Viertel an einer koronaren Herzkrankheit, drei Viertel hatten eine normale systolische Kammerfunktion. In der Gruppe «Rhythmuskontrolle» waren nach 3 Jahren noch 73% im Sinusrhythmus. Die Gesamtmortalität war in dieser Gruppe etwas höher (27% gegenüber 26%, Unterschied nicht signifikant), und es mussten mehr Leute hospitalisiert werden (80% gegenüber 73%). «Torsades de pointes» wurden bei 12 Personen (0,8%) dieser Gruppe registriert. In der Gruppe «Rhythmuskontrolle» traten mehr als die Hälfte der Schlaganfälle nach Absetzen der Antikoagulation auf.
Schlussfolgerungen.
Das Anstreben eines andauernden Sinusrhythmus bringt für Personen mit einem Vorhofflimmern und einem hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse keinen Überlebensvorteil und erhöht das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen.
Nachdem als Therapieziel immer die Konversion mit Erhalt des Sinusrhythmus bei Vorhofflimmern definiert wurde, bringen die beiden vorliegenden Arbeiten endlich die fehlende Evidenz in den Literaturberg und zeigen, dass Kranke beim Rezidiv eines Vorhofflimmerns mit lediglich medikamentöser Herzfrequenzkontrolle mindestens gleich gut fahren wie beim Erzwingen und Erhalt des Sinusrhythmus mit Konversion und nebenwirkungsreichen Antiarrhythmika. Für die Praxis bedeutet das, dass zumindest beim Rezidiv eines Vorhofflimmerns schon wegen der sehr hohen Rezidivrate nebst der immer notwendigen Antikoagulation eine Frequenzkontrolle z.B. mit Betablockern oder Kalziumantagonisten (Verapamil/Diltiazem) genügt. Selbstverständlich darf die Suche und Behandlung einer Grundkrankheit deshalb aber nicht vergessen werden.
Michel Zuber
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