Risiko für Ovarialkrebs

  • k -- Rodriguez C, Patel AV, Calle EE et al. Estrogen replacement therapy and ovarian cancer mortality in a large prospective study of US women. JAMA 2001 (21. März); 285: 1460-5 [Link]
  • Kommentar: Matthias Egger
  • infomed screen Jahrgang 5 (2001) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Mai 2001
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Studienziele

Die Entstehung von hormonabhängigen Malignomen wie Brust- und Endometriumkarzinom wird durch eine Östrogensubstitution nach der Menopause begünstigt. Verschiedene Untersuchungen weisen darauf hin, dass dies möglicherweise auch für das Ovarialkarzinom zutrifft. In der vorliegenden amerikanischen Studie wurde dieser Zusammenhang nochmals untersucht.

Methoden

Die Untersuchung umfasst 211’581 Frauen in der Postmenopause, die im Rahmen einer grösseren Studie («Cancer Prevention Study») 1982 einmalig einen Fragebogen ausfüllten und dabei unter anderem auch angaben, ob sie Östrogene einnahmen. Frauen mit der Anamnese eines Krebsleidens, einer Hysterektomie oder einer Ovarialoperation wurden ausgeschlossen. Alle durch ein Ovarialkarzinom verursachten Todesfälle wurden sorgfältig registriert.

Ergebnisse

Während einer Beobachtungszeit von 14 Jahren starben insgesamt 944 Frauen an einem Ovarialkarzinom. 22% aller Studienteilnehmerinnen hatten Östrogene eingenommen, etwa drei Viertel davon vor der Studie und ein Viertel zur Zeit der Befragung. Letztere hatten ein um 50% erhöhtes Risiko, an einem Ovarialkrebs zu sterben (Relatives Risiko [RR] 1,5). Frauen, welche diese Therapie vor Studienbeginn abgeschlossen hatten, starben hingegen nicht signifikant häufiger an einem Ovarialkrebs. Bezüglich der Dauer der Hormonsubstitution ergab sich Folgendes: Frauen, die während 10 oder mehr Jahren Hormone einnahmen, hatten allgemein ein erhöhtes Risiko, an einem Ovarialkarzinom zu sterben. Dies traf besonders auf diejenigen zu, die zur Zeit der Befragung noch Östrogene nahmen (RR 2,2).

Schlussfolgerungen

Die Verabreichung von Östrogenen nach der Menopause erhöht das Risiko, an einem Ovarialkrebs zu sterben.(BW)

Die hier zusammengefasste Arbeit der «Cancer Prevention Study» bestätigt den in früheren Analysen gefundenen Zusammenhang zwischen Hormonersatztherapie und Ovarialkarzinom. Der Effekt ist allerdings sowohl auf der relativen wie auf der absoluten Skala bescheiden: Das relative Risiko für «ever use» beträgt 1,23 und es müssen aufgrund dieser Studie mehrere Tausend Frauen während 10 Jahren behandelt werden, um ein zusätzliches Ovarialkarzinom hervorzurufen. Die postmenopausale Hormontherapie ist ein Lifestyle-Marker, so dass in nicht-experimentellen Studien Verzerrungen (Confounding) durch andere Faktoren recht wahrscheinlich sind. Die Hormonersatztherapie ist bekanntlich bei Frauen mit guter Ausbildung, die ihre Kinder relativ spät haben, besonders beliebt. Vergessen wir nicht, dass die Hormontherapie in epidemiologischen Studien immer wieder mit einem reduzierten kardiovaskulären Risiko assoziiert wurde, was sich in der randomisierten HERS-Studie nicht bestätigen liess. Die Möglichkeit eines erhöhten Ovarialkarzinomrisikos muss selbstverständlich trotzdem ernst genommen werden, und im Zusammenhang mit der viel besser belegten Erhöhung des Brustkrebsrisikos (wiederum bestätigt in der eleganten Arbeit von Colditz und Rosner) und des Gebärmutterkrebsrisikos gesehen werden. Die beiden Arbeiten zu den kognitiven Leistungen und Morbus Alzheimer zeigen, dass leider auch hier kein oder kein überzeugender Nutzen der Hormonersatztherapie nachgewiesen werden kann. 


Somit bleibt es beim Alten: Die systemische Hormontherapie ist kurzfristig für die Behandlung von Hitzewallungen und vasomotorischen Sensationen indiziert. Eine langfristige Hormontherapie als primärpräventive Massnahme kann weder für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen noch für die Osteoporose empfohlen werden. Bei Frauen mit vorbestehender Herzkreislauferkrankung könnte eine Hormontherapie sogar kontraproduktiv sein: In der HERS-Studie war die Inzidenz von koronaren und thromboembolischen Ereignissen im ersten Behandlungsjahr in der Hormongruppe erhöht. In der Sekundärprävention der Osteoporose kann die Inzidenz von Wirbelfrakturen gesenkt werden, eine präventive Wirkung ist für die viel wichtigeren Hüftfrakturen jedoch nicht belegt.1 Die grossangelegte randomisierte Studie der Women's Health Initiative wird hoffentlich viele der zur Zeit offenen Fragen beantworten können.2 Erste Ergebnisse sind in etwa fünf Jahren zu erwarten.

Matthias Egger

1     Lufkin EG, Wahner HW, O’Fallon WM et al. Treatment of postmenopausal osteoporosis with transdermal estrogen. Ann Intern Med 1992; 117: 1-9

2     http://www.nhlbi.nih.gov/whi/

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Risiko für Ovarialkrebs ( 2001)