Gezielte Immuntherapie bei Brustkrebs

  • r -- Slamon DL, Leyland-Jones B, Shak S et al. Use of chemotherapy plus a monoclonal antibody against HER2 for metastatic breast cancer that overexpresses HER2. N Engl J Med 2001 (15.März); 344: 783-92 [Link]
  • Kommentar: Silke Baumann
  • infomed screen Jahrgang 5 (2001) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Mai 2001
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Studienziele

Bei etwa einem Viertel aller Fälle von Brustkrebs wird das Wachstumsgen HER2 («human epidermal growth factor receptor-2 proto-oncogene») von den Tumorzellen überexprimiert, d.h. dieses Onkogen wird in abnorm hohen Mengen produziert. Frauen mit einem Brustkrebs, der viel HER2 exprimiert, haben eine besonders aggressive Form der Erkrankung mit einem kurzem krankheitsfreien Intervall und einer verkürzten Überlebenszeit. Trastuzumab (Herceptin®) entspricht monoklonalen HER2-Antikörpern, die das Wachstum der Krebszellen verlangsamen und die Wirkung einer Chemotherapie verstärken. In der vorliegenden Studie wurde Trastuzumab bei Frauen mit Metastasen geprüft.

Methoden

Frauen mit einem metastasierenden, HER2-überexprimierenden Brustkrebs, die bisher keine palliative Therapie erhalten hatten, wurden in die Studie aufgenommen. Als Chemotherapie erhielten sie alle drei Wochen Doxorubicin (Adriblastin® u.a.) oder Epirubicin (Farmorubicin®) und Cyclophosphamid (Endoxan-Asta®) bzw. Paclitaxel (Taxol®), wenn sie bereits eine adjuvante Chemotherapie mit einem Anthracyclin erhalten hatten. Etwa die Hälfte der Frauen erhielt zusätzlich wöchentlich eine Trastuzumab-Infusion (initial 4 mg/kg; Erhaltungsdosis: 2 mg/kg). Primäre Endpunkte waren die Progression der Krankheit und die Häufigkeit von Nebenwirkungen.

Ergebnisse

234 Patientinnen wurden mit Chemotherapie allein, 235 mit einer kombinierten Chemo- und Immuntherapie behandelt. Unter Chemotherapie allein betrug die Zeit bis zur Progression der Krankheit 4,6 Monate, unter kombinierter Behandlung 7,4 Monate. Die mediane Überlebenszeit dauerte 20,3 Monate (Chemotherapie allein) bzw. 25,1 Monate (mit Trastuzumab). Die wichtigste Nebenwirkung von Trastuzumab war eine Herzinsuffizienz: bei 27% der Frauen unter Anthracyclin/Cyclophosphamid/Trastuzumab wurden entsprechende, in vielen Fällen behandlungsbedürftige Symptome beobachtet. Unter Paclitaxel/Trastuzumab entwickelten 13% eine Herzinsuffizienz. Bei Frauen, die kein Trastuzumab erhielten, war dieses Problem viel seltener (8% bzw. 1%). Weitere Nebenwirkungen waren Fieber und Schüttelfröste (unter Trastuzumab in 25%) sowie Infektionen (unter Trastuzumab in 47%, unter alleiniger Chemotherapie in 29%).

Schlussfolgerungen

Trastuzumab erhöht die Wirksamkeit der Chemotherapie beim metastasierenden Brustkrebs, dessen Zellen das Onkogen HER2 überexprimieren. Seine Kardiotoxizität verlangt aber grösste Vorsicht, besonders wenn es in Kombination mit einem Anthracyclin angewendet wird.(PK)

Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom können nach heutigem Wissen nicht geheilt werden. Immer wieder neu auftauchende Therapieoptionen wecken deshalb bei den betroffenen Patientinnen grosse Hoffnungen. Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren steuern die Differenzierung und das Wachstum von Brustdrüsenepithel. Viele dieser Wachstumsfaktoren werden von Proto-Onkogenen kodiert. Das Proto-Onkogen HER2 (Synonym: c-erbB-2) wird bei 25-30% aller Mammakarzinome überexprimiert. Spezifische Antikörper gegen HER2 geben Anlass zu neuer Hoffnung für die Behandelnden und die Betroffenen.


In der vorliegenden Studie wurde der Stellenwert des monoklonalen Antikörpers Trastuzumab in der Kombination mit und ohne Chemotherapie beim metastasierten Mammakarzinom untersucht. Wenn weitere Arbeiten die Ergebnisse der Studie bestätigen, dass die Kombination von Trastuzumab mit einer Standard-Chemotherapie die Ansprechrate der Therapie steigert, die Zeit bis zur Progression der Erkrankung verlängert und die Überlebensrate verbessert, können die Hoffnungen der Patientinnen berechtigt sein. Offen ist derzeit, wie lange behandelt werden muss, Empfehlung der Herstellerfirma: «until time to progression». Trastuzumab verteuert die recht kostspielige palliative Chemotherapie nochmals erheblich.

Silke Baumann

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Gezielte Immuntherapie bei Brustkrebs ( 2001)