Weniger Darmkrebs unter Antirheumatika

  • k -- Smalley W, Ray WA, Daugherty J et al. Use of nonsteroidal anti-inflammatory drugs and incidence of colorectal cancer. Arch Intern Med 1999 (25. Januar); 159: 161-6 [Link]
  • Kommentar: Matthias Egger
  • infomed screen Jahrgang 3 (1999) , Nummer 4
    Publikationsdatum: 1. April 1999
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Studienziele

Mehrere Beobachtungsstudien lassen vermuten, dass nichtsteroidale Entzündungshemmer – besonders Acetylsalicylsäure – vor Kolonkarzinomen schützen. Mit dieser retrospektiven Kohortenstudie wollte man herausfinden, wie die Inzidenz von Kolonkarzinomen von Antirheumatika beeinflusst wird.

Methoden

Es wurden Daten von 104’217 Personen im Alter von mindestens 65 Jahren ausgewertet, deren ärztlich verordnete Medikamente in den Jahren 1985-1992 während mindestens 5 Jahren aufgezeichnet worden waren (Tennessee Medicaid Program). Einerseits wurden alle Fälle von Kolon- und Rektum-Karzinomen, anderseits Art, Dosis und Verabreichungsdauer der verordneten nichtsteroidalen Entzündungshemmer erfasst. Da Acetylsalicylsäure und andere Salizylate meistens nicht via Medicaid bezahlt werden, wurden diese Substanzen nicht berücksichtigt.

Ergebnisse

Bei 662 Personen trat ein Kolonkarzinom, bei 146 ein Rektumkarzinom auf. Bei Personen, die während mindestens 48 von 60 Monaten Antirheumatika einnahmen, fand sich eine jährliche Inzidenz von 0,8 auf 1000. Bei solchen, die gar keine Antirheumatika einnahmen, betrug die jährliche Inzidenz 1,7 auf 1000. Unter Antirheumatika war das Risiko also ungefähr halbiert. Je länger jemand Antirheumatika einnahm, desto seltener war ein kolorektales Karzinom. Die Dosis spielte keine Rolle. Bei Personen, die mehr als 12 Monate keine Antirheumatika mehr genommen hatten, war das Risiko höher, insbesondere wenn die gesamte Einnahmedauer kürzer als 12 Monate war. Unterschiede zwischen verschiedenen Antirheumatika ergaben sich kaum, nur Piroxicam (Felden®) zeigte keinen protektiven Effekt.

Schlussfolgerungen

Ältere Leute, die langfristig Antirheumatika einnehmen, haben gemäss dieser Untersuchung ein stark reduziertes Risiko, an einem Kolonkarzinom zu erkranken. Der Effekt ist am grössten nach jahrelanger Einnahme, reduziert sich jedoch wieder nach längerem Nicht-Gebrauch. Eine Dosisabhängigkeit war nicht feststellbar.

«Der Gebrauch nicht-steroidaler Entzündungshemmer halbierte das Risiko von Dickdarmkrebs.» Diese Aussage, die einen kausalen Zusammenhang postuliert, ist mit Vorsicht zu geniessen. Es handelt sich hier nicht um einen randomisierten, kontrollierten Versuch. Die Dosis-Wirkungs-Beziehung (je länger der Entzündungshemmer eingenommen wurde, desto geringer war das Krebsrisiko) spricht für Kausalität. Leider fehlen andere Analysen, die in diesem Zusammenhang wichtig wären. War der Effekt spezifisch für Dickdarmkrebs oder war die Krebsinzidenz bei Personen, die regelmässig Entzündungshemmer einnahmen, allgemein niedriger? Waren die Gruppen vergleichbar? Diese Diskussion ist allerdings eher akademisch: die bisher zur Verfügung stehenden nicht-steroidalen Entzündungshemmer könnten aufgrund der Nebenwirkungen auch bei Vorliegen eines protektiven Effekts kaum in der Primärprävention eingesetzt werden.

Matthias Egger

Standpunkte und Meinungen
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Weniger Darmkrebs unter Antirheumatika ( 1999)