Steroide bei Lungenentzündung nicht immer nötig

  • r -- Lloyd M, Karahalios A, Janus E et al. Effectiveness of a bundled intervention including adjunctive corticosteroids on outcomes of hospitalized patients with community-acquired pneumonia: a stepped-wedge randomized clinical trial. JAMA Intern Med. 201 [Link]
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 4. Dezember 2019
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Warum diese Studie?

Eine ausserhalb des Spitals erworbene Lungenentzündung (CAP, community aquired pneumonia) ist besonders für ältere Personen (wegen häufigen Komorbiditäten) eine gefährliche Erkrankung und für die Gesellschaft recht teuer (wegen eventuell langen Spitalaufenthalten). In den letzten Jahren wurde in vielen randomisierten Studien gezeigt, dass spezielle Interventionen die Aufenthaltsdauer verkürzen und/oder die Mortalität der CAP vermindern. Zu diesen Massnahmen gehören Kortikosteroide (täglich 50 mg Prednisolon oder Äquivalent für 7 Tage), raschmöglichstes Wechseln von intravenöser auf orale Antibiotikagabe, frühzeitiges Mobilisieren (vom ersten Tag an) und Abklärung und eventuell Behandlung einer Mangelernährung. In zwei Lehrspitälern wurden 816 Kranke mit CAP durch eine für die Versorgungsforschung speziell entwickelte Randomisierungsmethode in zwei Gruppen eingeteilt. In der «Interventionsgruppe» (n = 401) wurden die oben genannten vier Massnahmen konsequent angewandt, in der Kontrollgruppe (n = 451) wurde die im jeweiligen Spital übliche Therapie angewendet.

Was hat man gefunden?

In der Verumgruppe erhielten 75,8% Prednisolon (22,9% allerdings nicht 7 Tage lang), in der Kontrollgruppe 25,3% (21,9% nicht 7 Tage lang). In der Verumgruppe wurden 71,6% früh mobilisiert, in der Kontrollgruppe 19,3%; bei 83,0% in der Verumgruppe und bei 54,9% in der Kontrollgruppe wurde der Ernährungsstatus erhoben. Die Umstellung der Antibiotikagabe war in beiden Gruppen etwa gleich. Die Resultate waren in den Gruppen nicht unterschiedlich: Die Spitalaufenthaltsdauer lag im Median bei 3 Tagen, Wiedereintritte und Mortalität (bis 90 Tage nach Spitaleintritt) unterschieden sich ebenfalls nicht. Einzig bei den Komplikationen schnitt die Interventionsgruppe schlechter ab, es ereigneten sich 9 gastrointestinale Blutungen, in der Kontrollgruppe 3.

Wie wird es gedeutet?

Es ist das erste Mal, dass die beschriebenen Massnahmen nicht als einzelne Intervention getestet wurden, sondern als «Set». Die Autorinnen und Autoren folgern, dass eine individuell angepasste, «übliche» Therapie der CAP einem gebündelten Einsatz aller «bewiesenen» Interventionen ebenbürtig ist und dass vor allem der routinemässige Einsatz von Steroiden bei der CAP nicht gerechtfertigt ist.

screen-kommentar

Eine sehr interessante Studie in der Versorgungsforschung, sowohl methodisch als auch bezüglich der Resultate. Die verwendete Randomisierungsmethode mindert die Gefahr des Bias, und die Resultate zeigen, dass einzelne, in Studien effektive Interventionen, wenn sie im Bündel mit anderen Massnahmen angewendet werden, nicht unbedingt die gleichen positiven Effekte zeigen wie in der «Laborsituation» einer klinischen Studie. So sollten Steroide nicht allen CAP-Erkrankten gegeben werden, sondern einzig schweren Fällen, bei denen der positive Effekt die Nebeneffekte übertrifft.

Zusammengefasst und kommentiert von Renato L.
Galeazzi

Standpunkte und Meinungen
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infomed-screen 23 -- No. 6
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Steroide bei Lungenentzündung nicht immer nötig ( 2019)