Probleme implantierter Defibrillatoren

  • a -- Borne RT, Varosy PD, Masoudi FA. Implantable cardioverter-defibrillator shocks. Epidemiology, outcomes, and therapeutic approaches. JAMA Intern Med 2013 (27. Mai); 173: 859-65 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Gnädinger
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 19. Oktober 2013
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Studienziele

Es ist unbestritten, dass ein implantierbarer Defibrillator («Implantable Cardioverter Defibrillator» = ICD), der bei ausgewählten Rhythmusstörungen durch einen elektrischen Schock eine Kardioversion («anti-tachycardia pacing») oder Defibrilla­tion bewirkt, bei einem ausgewählten Kollektiv von Kranken die Prognose verbessern kann. ICD werden immer häufiger eingesetzt, in den USA innerhalb von fünf Jahren fast eine halbe Million. Mit dieser Übersichtsarbeit sollten die Auswirkungen von ICD-Schocks auf gesundheitliche Endpunkte untersucht und abgeklärt werden, wie unnötigerweise verabreichte (=inadäquate) Schocks vermieden werden können.

Methoden

Studien zur klinischen Evidenz von ICD-Schocks und deren Referenzartikel wurden ausgewertet. Die Art der Literaturanalyse wird nicht spezifiziert.
Ergebnisse
40 bis 50% der Personen mit einem ICD erlebten innerhalb des ersten Jahres nach der Implantation einen Schock. Ge­mäss einer Meta-Analyse von sieben grösseren Studien mit einer Beobachtungsdauer von 20 bis 45 Monaten nach Implantation ereigneten sich in dieser Zeit bei bis zu 64% der Behandelten adäquate und bei bis zu 24% inadäquate Schocks. Adäquate Schocks wurden eher bei älteren Personen oder solchen mit verminderter linksventrikulärer Auswurffraktion beobachtet, die einen ICD zur Sekundärprävention erhalten hatten. Inadäquate Schocks kamen häufiger bei nicht-ischämischer als bei ischämischer Kardiopathie vor und wurden meist durch eine Sinustachykardie, eine supraventrikuläre Tachykardie oder durch ein Vorhofflimmern oder -flattern ausgelöst. Die Schocks, unabhängig davon ob sie adäquat waren, hatten einerseits psychische Folgen wie Angst, Stress, Unsicherheit und waren andererseits mit einer bis fünffach erhöhten Mortalität verbunden. In einer Untersuchung von 2'135 Personen mit ICD war die Mortalität nach Schocks wegen ventrikulärer Arrhythmien um 20% höher, nach «anti-tachycardia pacing» jedoch unverändert. Todesursache war meistens eine progrediente Herzinsuffizienz.
Zur Reduktion inadäquater Schocks werden folgende Massnahmen diskutiert: Die Indikation zur ICD-Implantation zur Primärprävention soll streng erfolgen. Die zum Auslösen eines Schocks notwendige Kammerfrequenz soll so hoch wie möglich und die Dauer der Episode so lang wie möglich programmiert werden. Die Pharmakotherapie auslösender Rhythmusstörungen oder einer zugrundeliegenden Herzinsuffizienz ist zu optimieren. Bei wiederholtem tachykardem Vorhofflimmern oder -flattern muss eine Katheterablation in Erwägung gezogen werden.

Schlussfolgerungen

ICD können in einem selektionierten Kollektiv das Risiko von potentiell tödlichen Herzrhythmusstörungen reduzieren und dadurch lebensverlängernd wirken. Inadäquate Schocks, die ohne vorhergehende lebensbedrohliche Rhythmusstörung erfolgen können, sollen durch eine Optimierung der Selektion, der Programmierung des ICD und der medikamentösen Therapie minimiert werden.

Zusammengefasst von Markus Gnädinger

Über den möglichen Nutzen von implantierten Defibrillatoren («implantable cardioverter defibrillators», ICD) haben wir in infomed-screen schon mehrfach berichtet. Der letzte Beitrag fand sich in der März/April-Nummer dieses Jahrgangs; er zeigte die Wirksamkeit dieser Geräte bei Herzinsuffizienz im klinischen Alltag auf.1 Tatsächlich ist die Liste legitimer Indikationen für ICD heute recht umfangreich; das britische Institute for Health and Care Excellence (NICE) nennt insbesondere die Anamnese einer anhaltenden Kammertachykardie und eine koronare Herzkrankheit mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffrak­tion sowie eine Reihe weiterer, seltener Erkrankungen.2 Umso wichtiger ist die Erkenntnis, dass diese Geräte nicht nur Kosten, sondern auch verhältnismässig häufig unnötige Schocks verursachen. Eine sehr sorgfältige Indikationsstellung ist deshalb unabdingbar.

Etzel Gysling

Standpunkte und Meinungen
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infomed-screen 17 -- No. 5
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Probleme implantierter Defibrillatoren ( 2013)