Alkohol ist nicht gleich Alkohol

  • k -- Ruidavets JB, Ducimetière P, Evans A et al. Patterns of alcohol consumption and ischaemic heart diesease in culturally divergent countries: the prospective epidemiological study of myocardial infarction (PRIME). BMJ 2010 (23. November); 341: c6070 [Link]
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • infomed screen Jahrgang 15 (2011) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 6. April 2011
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Obwohl Alkoholkonsum mit koronarer Herzkrankheit assoziiert ist, konnte gezeigt werden, dass regelmässiger Konsum von geringen Mengen Alkohol die kardiovaskuläre Mortalität zu senken vermag – auch «French Paradox» genannt. Dies lässt vermuten, dass spezifische Trinkmuster und der damit verbundene kulturelle Hintergrund die Wirkung des Alkoholkonsums beeinflussen. Dieser Frage wollte man im Vergleich zweier Kohorten genauer nachgehen, die eine davon umfasste 2'405 Männer aus Belfast (Nordirland), die andere 7'373 Männer aus Toulouse, Strassburg und Lille (Frankreich), alle ohne Vorgeschichte einer koronaren Herzkrankheit. Die Wahl der unterschiedlichen Kohortengrössen ist auf die unterschiedliche Inzidenz koronarer Ereignisse in den beiden Ländern zurückzuführen. Bei den teilnehmenden Männern wurden «Nicht-Trinker», «regelmässige Trinker» und «episodische Trinker» («Binge-Drinker») unterschieden. Als «regelmässiger Trinker» galt, wer mindestens einmal pro Woche und pro Gelegenheit weniger als 50 Gramm Alkohol konsumierte. «Episodische Trinker» mussten mindestens einmal pro Woche mehr als 50 Gramm Alkohol konsumieren. Alle Teilnehmenden wurden während 10 Jahren hinsichtlich des Auftretens akuter koronarer Ereignisse nachbeobachtet.

Die erhobenen Daten sind eindrücklich: In Frankreich trinken 90% der Männer regelmässig Alkohol, in Belfast nur 51%. In Belfast gibt es fast 20-mal mehr «episodische Trinker» als in Frankreich (9,4% gegenüber 0,5%). Die durchschnittlich pro Woche konsumierte Menge Alkohol war in Frankreich deutlich höher als in Irland, sowohl für «regelmässige» als auch für «episodische Trinker». Die jährliche Inzidenz akuter koronarer Ereignisse pro tausend Personenjahre betrug 5,6 in Belfast und 2,8 in Frankreich. In Frankreich bestand für diese Werte ein Zusammenhang mit der täglich konsumierten Menge Alkohol, in Belfast hingegen nicht. Nach Korrektur für diverse kardiovaskuläre Risikofaktoren war das Risiko für ein akutes koronares Ereignis bei «Nicht-Trinkern» und «episodischen Trinkern» etwa zweimal so hoch wie bei «regelmässigen Trinkern», unabhängig von deren Herkunft. Wurde vorwiegend Wein konsumiert, verringerte dies sowohl in Frankreich als auch in Belfast das koronare Risiko.

Wegen der Fülle und der Uneinheitlichkeit der in der Studie präsentierten Resultate sind diese schwierig zu interpretieren. Sicher ist die Inzidenz der koronaren Herzkrankheit höher in Nordirland als in Frankreich, dies kann aber nicht allein durch unterschiedliche Mengen und verschiedene Arten von Alkohol erklärt werden. An beiden Orten wird die Inzidenz von akuten koronaren Ereignissen durch den regelmässigen Konsum von Alkohol ungefähr halbiert. Episodisches Trinken («Binge-drinking») zeigt diese positive Wirkung offenbar nicht. Auch scheint nicht der Alkohol selber protektiv zu sein, sondern andere Inhaltsstoffe, denn der gezeigte Nutzen ist – wie schon lange vermutet – vor allem auf den Konsum von Wein zurückzuführen.

Zusammengefasst von Renato L. Galeazzi

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Alkohol ist nicht gleich Alkohol ( 2011)