Kalziumpräparate — nicht ganz so harmlos?
- a -- Bolland MJ, Avenell A, Baron JA et al. Effect of calcium supplements on risk of myocardial infarction and cardiovascular events: meta-analysis. BMJ 2010 (29. Juli); 341: c3691 [Link]
- Zusammenfassung:
- infomed screen Jahrgang 14 (2010)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 3. Dezember 2010 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Osteoporose führt bei älteren Leuten häufig zu schmerzhaften Frakturen und im Zusammenhang mit Schenkelhalsfrakturen gar zu einer erhöhten Sterblichkeit. Da Kalziumsupplemente die Knochendichte erhöhen und wahrscheinlich die Frakturrate – wenn auch gering – vermindern können, nehmen vor allem viele ältere Frauen solche ein. In einer 2008 publizierten randomisierten Studie mit gesunden älteren Frauen wurden mehr Herzinfarkte in der Gruppe mit Kalziumsubstitution gegenüber Placebo festgestellt, aber kein Unterschied bezüglich Mortalität. Mit Hilfe dieser Meta-Analyse sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Ereignissen und der Gabe von Kalzium geklärt werden. Es wurde nach randomisierten Studien mit mindestens 100 Teilnehmenden gesucht, in welchen die Gabe von mindestens 500 mg Kalzium mit Placebo verglichen wurde und die mindestens ein Jahr dauerten. Die Kombination von Calcium mit Vitamin D hingegen wurde nicht berücksichtigt.
11 Studien mit knapp 12'000 untersuchten Personen erfüllten diese Kriterien, allerdings entsprachen bei keiner Studie die kardiovaskulären Ereignisse dem primären Endpunkt, sondern mussten zum Teil noch nachträglich erfragt werden. Nach einer mittleren Beobachtungsdauer von 4 Jahren trat bei 166 Personen mit Kalzium und bei 130 mit Placebo ein Myokardinfarkt auf (RR 1,27, 95% CI 1,01-1,59), Todesfälle und andere kardiovaskuläre Ereignisse waren nicht signifikant häufiger. Aus Sicht der Studienverantwortlichen führt – angesichts der grossen Anzahl von Leuten, die Kalzium einnehmen – auch die geringe Zunahme des Risikos zu einer erheblich grösseren Anzahl an Herzerkrankungen.
Dieser Meta-Analyse liegen heterogene und bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse schlecht dokumentierte Studien zugrunde. Ihre Resultate sind deshalb umstritten. Zudem haben die Studienverantwortlichen die Kombination von Kalzium und Vitamin D, die heute praktisch immer eingesetzt wird, nicht untersucht. Trotzdem ist es inakzeptabel, dass Kalziumsupplemente, die alleine verwendet eine bescheidene Wirkung auf die Frakturhäufigkeit haben, die Herzinfarktrate um 30% erhöhen könnten. Bis weitere Daten zur Verfügung stehen, sollen Kalziumpräparate – bevorzugt kombiniert mit Vitamin D – hauptsächlich bei alimentärer Unterversorgung verordnet werden. Auch die Kombination von Kalzium mit anderen Osteoporose-Medikamenten wie beispielsweise Bisphosphonaten ist weiterhin angebracht, da deren gute Ergebnisse immer zusammen mit Kalzium erreicht worden sind.
Zusammengefasst von Peter Koller
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