Weniger Insulte dank transdermaler Östrogensubstitution?

  • f -- Renoux C, Dell'Aniello S, Garbe E et al. Transdermal and oral hormone replacement therapy and the risk of stroke: a nested case-control study. BMJ (3.Juni) 2010; 340: c2519 [Link]
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • infomed screen Jahrgang 14 (2010) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Oktober 2010
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Von der postmenopausalen Hormonersatztherapie, welche nachgewiesenermassen subjektive Beschwerden und Osteoporose positiv zu beeinflussen vermag, wurde aufgrund
theoretischer Überlegungen und kleinerer Beobachtungsstudien angenommen, dass sie auch kardiovaskuläre Ereignisse verhindern könnte. Diese Erwartungen wurden in grösseren randomisierten Studien mehr als enttäuscht, unter Hormonersatztherapie traten gar rund 30% mehr zerebrovaskuläre Insulte auf. Mit dieser grossen Fallkontrollstudie sollte die Frage  beantwortet werden, ob die transdermalen Hormone aufgrund des fehlenden First-Pass-Effekts in der Leber ein anderes Sicherheitsprofil aufweisen als die peroral verabreichten. In einer grossen, auf den Erhebungen von 400 Allgemeinpraxen in England basierenden Datenbank wurden 15'710 Frauen im Alter 50 bis 79 Jahren identifiziert, die einen Insult erlitten hatten. Diesen wurden 59'958 Frauen ohne stattgehabten Insult gegenübergestellt, welche hinsichtlich Alter, behandelnder Praxis und Jahr des Eintritts in die Praxis vergleichbar waren.

798 (5%) der Frauen mit Insult nahmen zum Zeitpunkt des Ereignisses Hormone ein, bei den Kontrollen waren dies 2'748 (5%). Perorale Hormone wurden dabei rund fünfmal häufiger verwendet als transdermale. Mithilfe einer logistischen Regression wurden Odds Ratios (OR) berechnet, welche die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Insults ausdrücken. Bei der Einnahme von peroralen Östrogenen war das Risiko, einen Insult zu erleiden, höher als ohne Hormone (OR 1,28 für alle peroralen Hormone, OR 1,35 für Östrogene allein und OR 1,24 für die Kombination mit Gestagenen), bei der transdermalen Anwendung (OR 0,95) war dies nicht generell der Fall. Wurde hingegen die Analyse für niedrige und hohe transdermale Östrogendosen separat durchgeführt, so zeigte sich auch bei den Pflastern mit hoher Dosis ein erhöhtes Risiko (OR 1,89, 95% CI 1,15-3,11), während das Risiko bei der oralen Verabreichung unabhängig von der Dosis war. Über alles gesehen erhöhten orale Östrogene und höher dosierte transdermale Östrogene die Rate von Hirnschlägen um 25% bis 88%.

Die Ergebnisse sind eindrücklich, sowohl die verwendeten Daten als auch die Analyse sind von hoher Qualität. Natürlich bleibt bei retrospektiven Beobachtungsstudien immer die Frage offen, ob die gewählten Kollektive repräsentativ und die abgeleiteten Schlussfolgerungen valide sind. Erst eine prospektive, kontrollierte Studie würde eine genauere Antwort geben, besonders darüber, ob bei den niedrig dosierten Pflastern parallel zum Insultrisiko nicht auch die positiven Wirkungen abnehmen. Zu bedenken ist ebenfalls, dass die Pharmaindustrie bei der Studienfinanzierung beteiligt war, und dass die zwei wichtigsten Studienverantwortlichen von Firmen, die Östrogenpflaster herstellen, Forschungsunterstützung erhalten hatten.

Zusammengefasst von Renato L. Galeazzi

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infomed-screen 14 -- No. 5
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Weniger Insulte dank transdermaler Östrogensubstitution? ( 2010)