Intensive Blutdrucksenkung unschädlich

  • r -- Hansson L, Zanchetti A, Carruthers SG et al. Effects of intensive blood-pressure lowering and low-dose aspirin in patients with hypertension: principal results of the Hypertension Optimal Treatment (HOT) randomised trial. Lancet 1998 (13. Juni); 35 [Link]
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 2 (1998) , Nummer 7
    Publikationsdatum: 1. August 1998
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Studienziele
Trotz Behandlung haben Personen mit Hypertonie oft mehr kardiovaskuläre Komplikationen als Normotone. Hauptziel dieser internationalen Multizenterstudie war die Frage, auf welche Werte der Blutdruck zur Verhütung von Kreislaufkrankheiten optimal zu senken sei. Zusätzlich wurde untersucht, ob sich das Komplikationsrisiko durch Zugabe einer kleinen Acetylsalicylsäuredosis weiter senken lässt.

Methoden
18'790 Männer und Frauen im Alter von 50-80 Jahren mit einem diastolischem Blutdruck zwischen 100 und 115 mm Hg wurden durch das Los einer von drei Gruppen mit unterschiedlichen diastolischen Blutdruck-Zielwerten (maximal 90, maximal 85 und maximal 80 mm Hg) zugeteilt und zunächst mit Felodipin (Munobal®, Plendil ®) behandelt. Um das definierte Blutdruckziel zu erreichen, wurden bei Bedarf nach einem Stufenschema weitere Medikamente zugesetzt. Die Hälfte der Patientinnen und Patienten jeder Gruppe erhielt zudem 75 mg Acetylsalicylsäure täglich. Die Beobachtungszeit betrug im Mittel rund 4 Jahre.

Ergebnisse
Am Studienende nahmen ungefähr 80% der teilnehmenden Personen Felodipin, 40% ACE-Hemmer, 30% Betablocker und 20% Diuretika. In den drei Gruppen wurden diastolische Blutdruckwerte von durchschnittlich 85, 83 und 81 mm Hg erreicht; in allen Gruppen traten kardiovaskuläre Ereignisse seltener auf als erwartet. Zwischen den verschiedenen Gruppen ergaben sich praktisch keine Unterschiede bezüglich Herzinfarkt, Hirnschlag oder kardiovaskulärer Mortalität. Einzig die rund 500 Diabeteskranken der Gruppe mit dem tiefsten Zielblutdruck hatten etwa 50% weniger schwerwiegende kardiovaskuläre Komplikationen als die Personen der gleich grossen Gruppe mit dem Zielblutdruck von 90 mm Hg. Aufgrund der Gesamtresultate kann der Blutdruck mit dem niedrigsten kardiovaskulären Risiko auf etwa 140/85 mm Hg geschätzt werden. Unter Acetylsalicylsäure traten 36% weniger Myokardinfarkte, aber nicht weniger zerebrovaskuläre Insulte auf. Der Plättchenhemmer verursachte nicht mehr zerebrale oder tödliche Blutungen als Placebo; andere Blutungen waren unter Acetylsalicylsäure häufiger (273 gegenüber 145).

Schlussfolgerungen
Die in dieser Studie erreichte niedrige Rate kardiovaskulärer Komplikationen lässt sich durch die im Vergleich mit früheren Studien stärkere Blutdrucksenkung erklären. Schlüsse auf eine vorteilhafte oder schädliche Wirkung einer besonders intensiven Behandlung (z.B. Blutdrucksenkung auf 120/70 mm Hg) lassen sich nicht ziehen. Acetylsalicylsäure bringt einen zusätzlichen Nutzen, der unter der Voraussetzung einer antihypertensiven Therapie auch bei Personen mit erhöhtem Blutdruck die Blutungsrisiken überwiegt.

Welch aufwendige Studie, welch bescheidenes Resultat! Festzuhalten ist sicher, dass keine Vor- oder Nachteile einer Blutdrucksenkung auf Werte unter 140/85 mm Hg gezeigt werden konnten. Dass eine Plättchenhemmung mit Acetylsalicylsäure ohne Bedenken auch bei Personen mit einer Hypertonie durchgeführt werden kann, ist ein weiteres wichtiges Fazit. Bestätigt wird, dass besonders Diabeteskranke von einer adäquaten Blutdrucksenkung profitieren. Felodipin stellte das «Basisantihypertensivum» dar; viele erhielten aber noch andere blutdrucksenkende Mittel. Die vorliegenden Daten lassen aber keine Schlüsse auf die Wirksamkeit der einzelnen Antihypertensiva zu.

Etzel Gysling

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Intensive Blutdrucksenkung unschädlich ( 1998)