Fluoxetin auch im Wochenbett wirksam

  • r -- Appleby L, Warner R, Whitton A et al. A controlled study of fluoxetine and cognitive-behavioural counselling in the treatment of postnatal depression. BMJ 1997 (29. März); 324: 932-6
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 1 (1997) , Nummer 4
    Publikationsdatum: 1. April 1997
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Studienziele

Etwa 8 bis 15% aller Frauen erleiden in den ersten Wochen nach einer Geburt eine Depression, die sich chronisch oder rezidivierend fortsetzen und auch auf die affektive und kognitive Entwicklung des Säuglings ungünstig auswirken kann. In dieser Studie wurden die Wirkungen von Fluoxetin (Fluctine®) und einer psychologischen Beratung verglichen.

Methoden

Zwischen 1993 und 1995 wurden knapp 3000 Frauen, die in zwei Spitälern in der Gegend von Manchester geboren hatten, ungefähr 6 bis 8 Wochen nach der Geburt nach ihrem Befinden befragt. Bei 188 (9,7%) der Frauen waren dabei die mittels einer klinischen Skala (Edinburgh postnatal depression scale) erfassten Kriterien einer Depression erfüllt. 87 Frauen erklärten sich bereit, an der Untersuchung teilzunehmen. Sie erhielten doppelblind entweder Fluoxetin (Dosis nicht angegeben) oder Placebo. Diese beiden Gruppen wurden nochmals nach dem Zufall unterteilt: die einen Frauen wurden nur einmal, die anderen sechsmal zu beratenden Gesprächen eingeladen. Das erste Gespräch dauerte eine Stunde, die folgenden fünf je 30 Minuten. Diese Sitzungen waren strukturiert und wurden von einer Psychologin geführt. Die Untersuchung dauerte 12 Wochen. Der Verlauf der Depression wurde nach 1, 4 und 12 Wochen mit zwei verschiedenen Skalen beurteilt; am Anfang und am Ende der Studie wurde zudem die Hamilton-Depressions- Skala angewandt.

Ergebnisse

Bei allen Teilnehmerinnen konnte anhand der Beurteilungsskalen eine Besserung der Depression festgestellt werden. Bei Frauen, die Fluoxetin erhielten, fand sich eine signifikant bessere Beeinflussung der Depression als bei den mit Placebo behandelten Frauen. Sechs Beratungssitzungen waren wirksamer als nur eine. Frauen, die Fluoxetin erhielten, hatten aber keinen nennenswerten Zusatznutzen, wenn sie mehr als einmal psychologisch beraten wurden. Auffällig war, dass in allen Gruppen schon nach einer einzigen Behandlungswoche eine deutliche Besserung vorhanden war und dass sich diese nach vier Behandlungswochen nicht mehr stark änderte.

Schlussfolgerungen

Nicht-psychotische Depressionen im Wochenbett können sowohl mit Fluoxetin als auch mit psychologischer Beratung erfolgreich behandelt werden. Für Frauen, die mit einer medikamentösen Therapie einverstanden sind, ist die Verabreichung von Fluoxetin nach einem einzigen beratenden Gespräch die einfachste Therapie. Frauen, die auf Medikamente verzichten wollen, können gut mit einer Serie von Beratungsgesprächen behandelt werden.

Die Tatsache, dass in allen Behandlungsgruppen schon nach einer Woche eine mehr oder weniger deutliche Abnahme der depressiven Symptomatik beobachtet werden konnte, lässt leise Zweifel an der Notwendigkeit einer Behandlung aufkommen. Kein Zweifel besteht jedoch für mich, dass ich einer Frau primär eher zu einer nicht-medikamentösen Behandlung raten würde, obwohl die Studie eine überlegene Wirkung von Fluoxetin zeigt. An dieser Studie konnten Mütter, die ihren Säugling stillten, nicht teilnehmen. Da Antidepressiva mit der Muttermilch ausgeschieden werden, muss allgemein dringend von einer Antidepressiva-Behandlung stillender Mütter abgeraten werden.

Etzel Gysling

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Fluoxetin auch im Wochenbett wirksam ( 1997)