Editorial: Werkstattnotizen

Eine Redaktion ist eine Werkstatt; diejenige von infomedscreen ist nur insofern etwas ungewöhnlich, als sie sich – trotz geringem Heftumfang – auf zahlreiche Schreibtische verteilt. Nach fünf Jahren infomed-screen macht sich das Redaktionsteam verschiedene Gedanken, die ich hier unter drei Stichwörtern zusammenfassen möchte.

Freiwilligenarbeit
Unsere Zeitschrift verdankt der freiwilligen Gratis-Mithilfe von Kolleginnen und Kollegen sehr viel. Die sogenannte Wiler Gruppe für Evidence Based Medicine verfasst den grössten Teil der Zusammenfassungen; sehr wichtig sind auch die wertenden Kommentare, die uns von zahlreichen Fachleuten beigesteuert werden. Nun trifft zwar zu, dass diese Aktivitäten auch der Fortbildung aller Mitarbeitenden dienen und diesen also einen gewissen Nutzen erbringen. Dass wir aber mit aktuellen Kommentaren bester Qualität von Fachleuten aus der ganzen Schweiz rechnen dürfen, beruht wohl auch auf der Tatsache, dass infomed-screen eine Schwesterpublikation von pharma-kritik ist und dass sich das letztere Blatt in mehr als zwei Jahrzehnten «öffentlichen Dienstes» sehr viel Goodwill erworben hat. Störend ist dennoch, dass die screen-Mitarbeit nicht wenigstens durch ein bescheidenes Honorar entschädigt werden kann.

Zweifel
Es wäre ja nicht gut, wenn wir unsere Aktivitäten nicht (auch) mit zweifelndem Blick begutachten würden. Zweifel sind beispielsweise angebracht, wenn es um die Auswahl der Studien geht, die in unserem Heft zusammengefasst sind. So kommt es immer wieder einmal vor, dass wir bei der Schlussredaktion einer Zusammenfassung die Köpfe schütteln und uns fragen, weshalb wir die Studie überhaupt ausgewählt haben. Anderseits stellen wir doch auch mit Befriedigung fest, dass unsere Auswahl nicht entscheidend von der Auswahl der «Evidence- Based-Medicine»-Fachleute abweicht, die für andere Referatezeitschriften wie z.B. «ACP Journal Club» verantwortlich sind. Zweifel bedrängen uns aber auch im Zusammenhang mit methodischen Fragen, beispielsweise bei Metaanalysen – wir sind keineswegs bedingungslose Anhänger einer «evidence based medicine» und freuen uns an kritischen Kommentaren.

Aufwand
Wenige Leserinnen und Leser machen sich eine Vorstellung davon, wie gross der redaktionelle Aufwand für unsere kurzen Zusammenfassungen sein kann. Die Texte, die dann schliesslich gedruckt werden, sind in der Regel von mindestens drei Mitgliedern des engeren Redaktionsteams bearbeitet und meistens mehrfach abgeändert und verbessert worden. Dabei ist es nicht selten notwendig, die Originalarbeit wieder und wieder zu konsultieren, beispielsweise um Fehler zu eliminieren, die sich eingeschlichen haben. Auch sprachliche Einzelheiten sind wichtig, wollen wir doch Texte offerieren, die möglichst gut lesbar sind. Da sich die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten in den letzten Jahren kaum verändert hat, müssen wir uns natürlich fragen, ob sich der redaktionelle Aufwand rechtfertigen lässt. Um mehr Leute vom Nutzen eines Abonnements überzeugen zu können, müsste das Blatt wohl zusätzliche Vorteile aufweisen. So evaluieren wir beispielsweise die Möglichkeit, in Ergänzung zu infomed-screen Fragebögen zu den in der Zeitschrift berücksichtigten Themen anzubieten und so in strukturierter Form zur Fortbildung beizutragen. Dabei wäre es jedoch kaum zu vermeiden, dass das zusätzliche Angebot auch zusätzlich bezahlt werden müsste. Ähnliche Produkte wie infomed-screen – in englischer Sprache – sind übrigens zwar umfangreicher, aber auch zwei- bis dreimal teurer, obwohl sie sich an ein viel zahlreicheres Publikum richten.

Etzel Gysling

Standpunkte und Meinungen
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Editorial: Werkstattnotizen ( 2002)