Abklärungsstrategie bei Verdacht auf Lungenembolie

  • k -- van Belle A, Buller HR, Huisman MV et al. Effectiveness of managing suspected pulmonary embolism using an algorithm combining clinical probability, Ddimer testing, and computed tomography. JAMA 2006 (11. Januar); 295: 172-9
  • Zusammenfassung: Markus Häusermann
  • Kommentar: Andreas Knoblauch
  • infomed screen Jahrgang 10 (2006) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 1. März 2006
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Studienziele
Studienziel war die Evaluation eines praktisch umsetzbaren Abklärungsschemas auf der Basis eines vereinfachten Scores (zweiteiliger Well’s Score) zusammen mit dem D-Dimer- Test und der Thorax-Computertomographie (CT).

Methoden
In dieser prospektiven Kohortenstudie wurden 3’306 Männer und Frauen, die wegen Verdacht auf Lungenembolie (LE) eingewiesen worden waren, nach einem einheitlichen Schema abgeklärt. Der Well’s Score berücksichtigt klinische Zeichen für tiefe Venenthrombosen (TVT) und «andere Diagnose weniger wahrscheinlich» (je 3 Punkte), Herzfrequenz über 100/Minute, Immobilisation oder postoperativer Zustand, TVT oder LE in der Anamnese (je 1,5 Punkte) sowie Hämoptoe und bekanntes Malignom (je 1 Punkt). Bei einer Punktesumme über 4 galt eine LE als «wahrscheinlich», sonst als «unwahrscheinlich»; nur in letzterem Fall wurde zusätzlich ein D-Dimer-Test durchgeführt. War dieser normal (weniger als 500 ng/ml), galt eine LE als ausgeschlossen. Bei klinisch «wahrscheinlicher» LE oder abnormem DDimer- Test wurde ein Thorax-CT durchgeführt. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer symptomatischen TVT oder LE innert dreier Monate.

Ergebnisse
1’028 Kranke wurden bei einem Well’s Score von höchstens 4 und negativem D-Dimer-Test nicht antikoaguliert; bei ihnen traten innert dreier Monate 4 nicht-tödliche LE und eine TVT auf. Bei 674 Kranken wurde im Thorax-CT eine LE nachgewiesen; bei diesen traten trotz Antikoagulation 11 tödliche LE und 9 nicht-tödliche Thromboembolien auf. 1’436 Kranke mit negativem Thorax-CT wurden nicht antikoaguliert; bei ihnen wurden im Verlauf 7 tödliche LE und 11-nicht tödliche Thromboembolien beobachtet. In 70 Fällen war das CT nicht verwertbar oder wurde nicht durchgeführt; bei diesen traten im Verlauf 1 tödliche und 1 nichttödliche LE auf.

Schlussfolgerungen
Mit dem beschriebenen Schema erreicht die LE-Diagnostik eine gleich hohe Treffsicherheit wie andere, komplexere Diagnosestrategien. Bei einem Well’s Score von höchstens 4 und negativem D-Dimer-Test sowie bei negativem CT darf man auf eine Antikoagulation verzichten.

Zusammengefasst von Markus Häusermann

Nachdem Perrier et al. in einer epochalen Studie zeigen konnten,1 dass mit dem mehrzeiligen Angio-CT eine Lungenembolie ohne weitere Zusatzuntersuchungen definitiv diagnostiziert oder ausgeschlossen werden kann und die Risikostratifizierung mit einem 3-teiligen Well’s Score (niedrige, mittlere, hohe Wahrscheinlichkeit) zusammen mit der D-Dimer-Bestimmung Angio- CTs sparen hilft, zeigen die Studienverantwortlichen der aktuellen Arbeit, dass eine weitere Vereinfachung ohne Einbusse der diagnostischen Qualität möglich ist: Ein Well’s Score von 4 Punkten und weniger (2teiliger Well’s Score) und ein negativer D-Dimer-Wert schliessen eine Lungenembolie aus und machen weitere Zusatzuntersuchungen überflüssig. Patientinnen und Patienten, die diesen beiden Kriterien nicht genügen, sollen ein Angio-CT mit einem mehrzeiligen Gerät erhalten. Das Angio-CT mit dem mehrzeiligen Gerät gibt dem Kliniker ein Instrument in die Hand, das besser ist als das bisherige Urmeter, die Angiographie, und erst noch zahlreiche Zusatzinformationen liefert. Mit diesen 3 Instrumenten: Risikostratifizierung, D-Dimer und Angio-CT mit mehrzeiligem Gerät ist die Lungenemboliediagnostik im «Gelobten Land» angekommen. Nur wenige Wermutstropfen bleiben: die Verfügbarkeit dieser Geräte und die Strahlenexposition, die seltenerweise nicht verwertbaren oder nicht durchführbaren CTs (Kreatininclearance!) und die unterschiedliche Qualität der D-Dimer-Tests.

 Andreas Knoblauch


1 Perrier A, Roy PM, Sanchez O et al. Multidetector-row computed tomography in suspected pulmonary embolism. N Engl J Med 2005 (28. April); 352: 1760-8

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infomed-screen 10 -- No. 3
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Abklärungsstrategie bei Verdacht auf Lungenembolie ( 2006)