Makuladegeneration: Angiogenese- Hemmer vorteilhaft

  • r -- Brown DM, Kaiser PK, Michels M et al.; ANCHOR Study Group. Ranibizumab versus verteporfin for neovascular age-related macular degeneration. N Engl J Med 2006 (5. Oktober); 355: 1432-44 [Link]
  • Zusammenfassung: Urspeter Masche
  • Kommentar: Urspeter Masche
  • infomed screen Jahrgang 10 (2006) , Nummer 11
    Publikationsdatum: 1. November 2006
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Studienziele
Ranibizumab (Lucentis®) ist ein in der Schweiz kürzlich zugelassener Angiogenese-Hemmer, der den «vascular endothelial growth factor A» (VEGF-A) hemmt und gegen Neovaskularisationen bei altersbedingter Makuladegeneration eingesetzt wird. In dieser Studie wurde Ranibizumab der photodynamischen Therapie mit Verteporfin (Visudyne®) gegenübergestellt.

Methoden
423 Personen mit einer Makuladegeneration, die angiographisch ein vorwiegend «klassisches» Bild von Neovaskularisationen aufwiesen und deren Visus 0,5 bis 0,0625 betrug, wurden auf drei Gruppen verteilt. Doppelblind erhielten sie intravitreal Ranibizumab in einer Dosis von 0,3 oder 0,5 mg (1-mal pro Monat) oder Infusionen mit Verteporfin (durchschnittlich etwa 3-mal pro Jahr). Eine Laserbestrahlung der Makula fand nicht nur nach der Verteporfin-Gabe, sondern wegen des Studiendesigns auch in den beiden anderen Gruppen nach der Placebo-Infusion statt (wobei eine therapeutische Wirkung nur in Kombination mit Verteporfin als Photosensibilisierer zu erwarten ist).

Ergebnisse
Es handelt sich um die 1-Jahres-Resultate bei einer auf 2 Jahre veranschlagten Gesamtstudiendauer. Mit der niedrigen Dosis von Ranibizumab waren es 94%, bei denen der Visus auf der Sehtafel um weniger als 15 Buchstaben (3 Linien) abgenommen, und 36%, bei denen er um mindestens 15 Buchstaben zugenommen hatte; mit der höheren Dosis betrugen diese Prozentsätze 96% und 40%, mit der photodynamischen Therapie 64% und 6%. Die durchschnittliche Visusveränderung ergab bei Ranibizumab ein Plus von 5,9 bis 8,4, bei Verteporfin ein Minus von 9,5 Buchstaben. Unter Ranibizumab traten 2 Fälle einer Endophthalmitis auf. Andere okuläre Nebenwirkungen (Entzündungen wie Iritis, Uveitis u.a., Augendruckerhöhung, Katarakte) sowie Blutungen ausserhalb des Auges und arterielle Thromboembolien – als möglicher Ausdruck einer systemischen VEGF-Hemmung – waren bei Ranibizumab ebenfalls häufiger.

Schlussfolgerungen
Bei einer altersbedingten Makuladegeneration mit Neovaskularisationen vom «klassischen» Typ hat Ranibizumab nach 1 Jahr einen signifikant besseren Effekt auf den Visus als eine photodynamische Therapie mit Verteporfin. Ob dieser Erfolg nicht mit einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen erkauft wird, ist noch unklar.

Zusammengefasst von Urspeter Masche

Es zeichnet sich ab, dass Angiogenesehemmer wie Ranibizumab als wirksamste Substanzen gegen die Neovaskularisationen bei Makuladegeneration zu betrachten sind. Man fragt sich allerdings, ob die damit verbreitete Euphorie und Hoffnung nicht etwas eilfertig ist, angesichts dessen, dass die publizierten Daten eine Beobachtungszeit von maximal 2 Jahren abdecken (bei einer im Prinzip fortschreitenden Krankheit) und vermutlich das Risiko von auch schweren Nebenwirkungen zunimmt.
Ranibizumab kostet in den USA – bei uns ist der Preis noch nicht bestimmt – rund 2’000 US$ pro Ampulle. Chemisch verwandt mit Ranibizumab ist Bevacizumab (Avastin®), das zur Therapie des Kolorektalkarzinoms vorgesehen, bei der Makuladegeneration aber vermutlich ebenso wirksam ist und – wenn man zum Beispiel über eine versierte Apotheke «ophthalmologische» Dosen herstellen lässt – mehr als hundertmal billiger kommt als die offiziell zugelassenen Angiogenese- Hemmer. Deshalb wird diese «Off-label»-Verwendung selbst von ophthalmologischen Fachgesellschaften zur Erwägung gebracht. Dieses Beispiel zeigt auch, dass hohe Medikamentenpreise kaum auf den immer wieder bejammerten «Entwicklungskosten» beruhen, sondern viel mehr auf einer sich am potentiellen Markt orientierenden, unverfrorenen Willkür.

Urspeter Masche

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Makuladegeneration: Angiogenese- Hemmer vorteilhaft ( 2006)