Zyklooxygenasehemmer und kardiovaskuläres Risiko

  • m -- McGettigan P, Henry D. Cardiovascular risk and inhibition of cyclooxygenase: A systematic review of the observational studies of selective and nonselective inhibitors of cyclooxygenase 2. JAMA 2006 (4. Oktober); 296: 1633-44 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Häusermann
  • Kommentar: Peter Jüni
  • infomed screen Jahrgang 10 (2006) , Nummer 11
    Publikationsdatum: 1. November 2006
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Studienziele
Seit dem spektakulären Rückzug von Rofecoxib (Vioxx®) vom Markt wird öffentlich diskutiert, ob nicht-steroidale Antirheumatika (NSA) und besonders die selektiven Zyklooxygenase- 2-Hemmer (COX-2-Hemmer) kardiovaskuläre Ereignisse begünstigen. Randomisierte Studien zeigten bei kleinen Fallzahlen widersprüchliche Ergebnisse. Eine Meta- Analyse der verfügbaren Beobachtungsstudien sollte dank der viel grösseren Fallzahlen Klarheit schaffen.

Methoden
Durch systematische Suche in elektronischen Datenbanken wurden Kohorten- oder Fall-Kontroll-Studien identifiziert, in denen kardiovaskuläre Risiken unter selektiven COX-2- Hemmern oder unter konventionellen NSA mit denjenigen ohne aktuelle Einnahme solcher Medikamente verglichen worden waren. Die publizierten Daten wurden in einer Meta- Analyse aufgearbeitet.

Ergebnisse
23 Studien mit insgesamt nahezu einer Million Untersuchten erfüllten alle Einschlusskriterien, darunter befanden sich 17 Fall-Kontroll- und 6 Kohortenstudien. Bei Rofecoxib wurde ein signifikant dosisabhängig erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Tod, Herzinfarkt, Apoplexie) nachgewiesen: das relative Risiko (RR) betrug im Vergleich zu den Kontrollen 1,33 für Tagesdosen bis zu 25 mg und 2,19 für höhere Dosen. Unter den klassischen NSA war Diclofenac (Voltaren® u.a.) mit einem ähnlich stark erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert wie die niedrigere Rofecoxib- Dosis. Keine signifikanten Resultate fanden sich für Naproxen (Proxen® u.a.), bei dem das Risiko leicht reduziert und für Celecoxib (Celebrex®) und die älteren NSA Piroxicam (Felden® u.a.) und Ibuprofen (Brufen® u.a.), bei denen das kardiovaskuläre Risiko leicht erhöht war.

Schlussfolgerungen
Diese Analyse bestätigt, dass die Einnahme von Rofecoxib das kardiovaskuläre Risiko dosisabhängig erhöht, und weckt ernsthafte Zweifel an der Sicherheit von Diclofenac. Das Risiko von Celecoxib erschien nicht erhöht und war vergleichbar mit den älteren NSA Naproxen, Ibuprofen und Piroxicam.

Zusammengefasst von Markus Häusermann

Wir wissen immer noch zu wenig über die kardiovaskulären Effekte von COX-2-selektiven und nichtselektiven nicht-steroidalen Antirheumatika. Die vorliegende Meta-Analyse von Beobachtungsstudien trägt wenig dazu bei, dies zu ändern. Beobachtungsstudien sind berüchtigt für systematische Verzerrungen, die zumeist nicht auszumerzen sind. Zudem sind die Resultate der eingeschlossenen Studien sehr heterogen, weswegen die gepoolten Schätzer des relativen Risikos leider nicht interpretierbar sind. Die beste verfügbare Evidenz aus randomisierten Studien1 lässt vermuten, dass alle COX-2-selektiven NSA, inklusive Celecoxib, im Vergleich zu Placebo oder Naproxen mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko verbunden sind. Indirekte Vergleiche weisen darauf hin, dass auch die nichtselektiven NSA Diclofenac und Ibuprofen mit kardiovaskulären Problemen verbunden sein könnten. Für sämtliche anderen nicht-selektiven NSA fehlen verlässliche Daten, was nicht als Indiz für eine Unbedenklichkeit interpretiert werden sollte. Im Hinblick auf die kardiovaskuläre Sicherheit gilt Naproxen somit weiterhin als NSA der Wahl, je nach vorbestehendem gastrointestinalem Risiko in Kombination mit einem Protonenpumpenblocker.

Peter Jüni

1 Kearney PM, Baigent C, Godwin J et al. Do selective cyclo-oxygenase-2 inhibitors and traditional non-steroidal anti-inflammatory drugs increase the risk of atherothrombosis? Meta-analysis of randomised trials. BMJ 2006 (3. Juni); 332: 1302-8

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Zyklooxygenasehemmer und kardiovaskuläres Risiko ( 2006)