Neurodermitis: Kalzineurinhemmer zurückhaltend verwenden

  • m -- Ashcroft DM, Dimmock P, Garside R et al. Efficacy and tolerability of topical pimecrolimus and tacrolimus in the treatment of atopic dermatitis: meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 2005 (5. März); 330: 516-24 [Link]
  • Zusammenfassung: Thomas Weissenbach
  • Kommentar: Brunello Wüthrich
  • infomed screen Jahrgang 9 (2005) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Mai 2005
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Studienziele
Die atopische Dermatitis (Neurodermitis, konstitutionelles Ekzem) ist eine schubweise verlaufende, chronische Dermatose, die intermittierend mit kortikosteroidhaltigen Externa behandelt werden kann. Seit einiger Zeit steht mit den beiden Kalzineurinhemmern Tacrolimus (Protopic®) und Pimecrolimus (Elidel®) eine neue lokale Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung, unter der weder eine Atrophie der Haut noch ein Wirkungsverlust nach längerer Anwendungszeit auftreten soll. Ziel dieser Metaanalyse war es, Wirksamkeit und Verträglichkeit im Vergleich zu anderen Behandlungsmöglichkeiten darzustellen.

Methoden
Zu diesem Zweck wurden die Datenbanken von Medline, Embase und die «Cochrane Library» nach Studien bis Dezember 2004 durchsucht. Eingeschlossen wurden randomisierte Studien, in denen die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer lokalen Behandlung mit Pimecrolimus bzw. Tacrolimus bei Neurodermitiskranken im Vergleich mit einer Salbengrundlage (Placebo) oder einem lokalen Kortikosteroid untersucht wurden. Als primärer Endpunkt galt die Verbesserung der Neurodermitis (Rückgang der Entzündung und Milderung des Juckreizes).

Ergebnisse
Für die Metaanalyse wurden 25 randomisierte Studien mit insgesamt 6’897 Personen mit Neurodermitis berücksichtigt. 4'186 von ihnen erhielten entweder Tacrolimus oder Pimecrolimus. Tacrolimus war in beiden Konzentrationen (0,03% und 0,1%) wirksamer als ein schwaches Kortikosteroid (Hydrocortisonacetat 1%, in der Schweiz kein völlig entsprechendes Präparat). Die Wirksamkeit von Tacrolimus 0,1% war vergleichbar mit einem mittelstarken Kortikosteroid (Hydrocortisonbutyrat 0,1% = Locoid®). Pimecrolimus war signifikant weniger wirksam als ein starkes Kortikosteroid (Betamethasonvalerat = Celestoderm® V). In einer direkten Vergleichsstudie von Pimecrolimus mit Tacrolimus 0,03% konnte während einer 3-monatigen Therapiedauer kein signifikanter Wirksamkeitsunterschied festgestellt werden. Pimecrolimus und Tacrolimus verursachten signifikant häufiger Hautirritationen als eine lokale Kortikosteroidbehandlung.

Schlussfolgerungen
Eine lokale Behandlung der atopischen Dermatitis mit Tacrolimus oder Pimecrolimus ist wirksamer als eine solche mit einer Salbengrundlage. Tacrolimus ist wirksamer als Hydrocortison- Externa und vergleichbar mit mittelstarken Kortikosteroiden. Pimecrolimus scheint weniger wirksam zu sein als ein starkes Kortikosteroid.

Zusammengefasst von Thomas Weissenbach

Diese Metaanalyse hat bestätigt, dass Pimecrolimus und Tacrolimus geeignet sind, die neurodermitischen Hautveränderungen zu unterdrücken. Da aber beide Substanzen bei oraler Anwendung und im Tierversuch das Auftreten von Lymphomen begünstigen können, wird ihr Vorteil gegenüber einer Behandlung mit topischen Kortikosteroiden von den Autoren in Frage gestellt. Es sei in Erinnerung gerufen, dass laut Zulassungsbeschluss der Swissmedic Protopic® «zur Behandlung akuter Exazerbationen von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis indiziert ist, falls die herkömmliche Behandlung nicht genügend wirksam ist oder Nebenwirkungen auftreten» und Elidel® «als Kurzzeit- oder intermittierende Langzeitbehandlung der leichten bis mittelschweren atopischen Dermatitis ab einem Alter von 2 Jahren in Situationen, in denen eine konventionelle Therapie mit Emollientien und topischen Kortikosteroiden nicht angewendet werden kann» indiziert ist. Ich möchte auch in Erinnerung rufen, dass die Behandlung einer Neurodermitis auf drei strategischen Ebenen verläuft: auf der Elimination von individuell feststellbaren Provokationsfaktoren, auf einer situationsgerechten symptomatischen Behandlung und auf der Erarbeitung einer Bewältigungsstrategie. Nur dadurch ist gewährleistet, dass die Betroffenen, die sowohl Kortikosteroid- als auch Makrolid-Präparate ablehnen, ihr «Heil» nicht nur in alternativen Behandlungsmethoden (inkl. Homöopathie, Bioresonanz, Eigenharnbehandlungen, Kolonwäsche und unsinnigen Diäten) suchen, mit oft verheerenden Folgen.

Brunello Wüthrich

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Neurodermitis: Kalzineurinhemmer zurückhaltend verwenden ( 2005)