Therapie des Schwindels

Übersicht

Schwindel ist in der Praxis eines der häufigsten Probleme, vor allem bei älteren Leuten. Oft handelt es sich um ein beiläufig erwähntes Problem oder ein «Adieu-Symptom». Subjektiv werden unter dem Begriff «Schwindel» Missempfindungen verstanden, die vom klassischen Drehschwindel über den diffusen, unspezifischen Schwindel bis zur Synkope reichen. Pathophysiologisch liegt eine Diskordanz der vestibulären, optischen und propriozeptiven Afferenzen vor. Die Ursachen sind sehr vielfältig; sehr oft bleibt die genaue Ätiologie jedoch unfassbar oder unklar. In der Praxis ist es zudem häufig nicht möglich, in jedem Fall eine umfassende Abklärung durchzuführen.

Ätiologie

Eine erste Beurteilung wird durch die Aufteilung in Drehschwindel (vestibulär), Synkope (infolge Rhythmusstörung) und diffusen Schwindel (übrige Formen) erleichtert. Die Anamnese erlaubt, den Schwindel näher zu definieren (akut/chronisch, beim Aufstehen, bei Kopfbewegungen) und Begleitstörungen (Gehör, Tinnitus, Brechreiz) sowie medikamentöse Einflüsse zu erfassen. Auch ein Orthostasetest ist wesentlich. Danach darf häufig vorerst der weitere Verlauf abgewartet werden; Untersuchungen bestätigen, dass der Spontanverlauf oft günstig ist.(1) Die Lebenserwartung wird -- ausser durch wenige spezifische Erkrankungen, die dem Schwindel zugrundeliegen -- nicht negativ beeinflusst.(2)Der Entscheid, ob eine weitere Klärung der Schwindelursache erfolgen sollte, ist eine schwierige Ermessens- und Erfahrungsfrage. Die folgenden Überlegungen mögen dabei behilflich sein.

Vestibulär bedingte Schwindelformen treten meistens als akute und intensive Drehschwindel auf. Die Suche nach einem pathologischen Nystagmus ist obligat. Der häufig auftretende benigne paroxysmale Lagerungsschwindel mit kurzen, heftigen Schwindelattacken kann durch eine Lagerungsprobe nachgewiesen werden: wenn die betroffene Person aus dem Sitzen rasch zuerst auf die eine, dann auf die andere Seite gelegt wird, treten Schwindel und Nystagmus auf.(3)
Die Neuronitis vestibularis ist durch einen akuten Schwindelanfall mit Brechreiz und Erbrechen charakterisiert. Oft sind hier Personen zwischen 30 und 50 Jahren nach einem Infekt der oberen Luftwege betroffen.
Die episodisch auftretende Ménièresche Krankheit ist durch die Trias Schwindel, Tinnitus und Gehörsverlust gekennzeichnet.

Neurologische Erkrankungen insbesondere vaskulärer Natur sind häufig Ursache von Schwindel. Von besonderer Bedeutung ist die klinisch schwer fassbare Lokalisation im Hirnstammbereich. Bei der neurologischen Untersuchung ist im Hinblick auf chirurgisch behandelbare Stenosen besonders auf die Auskultation der Karotiden zu achten. Bei klinisch begründetem Verdacht hilft die Doppler- Sonographie weiter. Ein kraniozerebrales Computertomogramm kann allenfalls pathologische Prozesse in klinisch stummen Gebieten aufdecken. Von praktischer Bedeutung sind die Polyneuropathien (Diabetes, Alkohol, Vitamin B12-Mangel).

Bei den kardiovaskulären Ursachen stehen wegen der therapeutischen Konsequenzen die Rhythmusstörungen im Vordergrund. Werden nach einer Synkope Rhythmusstörungen vermutet, so müssen diese hartnäckig gesucht wer den, auch wenn sie in einem ersten 24-Stunden-EKG nicht nachgewiesen werden können. Im Verdachtsfall kann ein Apparat angebracht werden, der nur bei auftretenden Störungen Aufzeichnungen macht (R-Test-EKG). Ob aber eine Synkope tatsächlich durch (im EKG feststellbare) Rhythmusstörungen adäquat erklärt ist, muss aufgrund der klinischen Gesamtbeurteilung entschieden werden. Schwindel kann auch bei kurzdauernden Rhythmusstörungen und bei Herzinsuffizienz auftreten.
Eine Orthostasetendenz wird häufig gefunden und ist oft durch Antihypertensiva mitbedingt. Beim Orthostasetest ist weniger der objektivierbare Blutdruckabfall als die subjektiv empfundenen Schwindelsymptome wesentlich. Auch ist zu beachten, dass ein Blutdruckabfall oft erst nach mehreren Minuten erfolgt.

Nachdrücklich muss auf eine genaue Medikamentenanamnese hingewiesen werden. Auch einem engagierten Hausarzt kann es passieren, dass ihm die Einnahme von Psychopharamaka oder Schlafmitteln nicht bekannt ist. Einige Medikamente können für Störungen der vestibulären Funktion verantwortlich sein. Dazu gehören neben den Aminoglykosiden wie Gentamicin (Garamycin®) das Tetrazyklin Minocyclin (Minocin®), die Schleifendiuretika wie Furosemid (Lasix® u.a.), Cisplatin und hohe Dosen von Acetylsalicylsäure (Aspirin® u.a.).(4)

Visusstörungen sind selten Ursache von Schwindel. Dagegen kann durch zu rasche Korrektur eines Astigmatismus oder einer Myopie einmal ein Schwindel ausgelöst werden.

Auch psychiatrische Probleme verschiedenster Art können zu unspezifischem Schwindel führen. So sind insbesondere eine Hyperventilation und Panikzustände oft von Schwindel begleitet.

In der Praxis bleibt die genaue Diagnose nicht selten auch nach sorgfältigem Ausschluss der fassbaren Ursachen unklar. Das Problem vieler älterer Leute, die sich über diffusen Schwindel beklagen, lässt sich oft ätiologisch nicht einordnen. Tritt der Schwindel bei Kopfbewegungen auf, so wird oft ein «vertebrobasilärer Schwindel» vermutet; Fachleute zweifeln aber heute an der Berechtigung dieser Diagnose. Diese Form von Schwindel wird jetzt häufig als Folge einer subklinischen Kupulolithiasis interpretiert. Etwa in 50% der Fälle liegt ein multifaktorieller Schwindel vor, bei dem der Stellenwert der einzelnen Faktoren aufgrund der Gesamtbeurteilung festgelegt werden muss.(1)

Medikamentöse Behandlung

Eine Störung des labyrinthären Systems kann in hohem Mass adaptiv behoben oder zentral kompensiert werden. Aus dieser Tatsache ergibt sich auch die unbedingte Notwendigkeit von placebokontrollierten Studien. Soweit möglich wurden deshalb bei den folgenden Beispielen nur adäquat kontrollierte Studien berücksichtigt. Wünschenswert wären auch klinische Untersuchungen, in denen nur das Symptom Schwindel oder, noch besser, nur eindeutig definierte Schwindelformen untersucht würden. Dieser Anforderung genügt allerdings kaum eine der bekannten Studien.
Die medikamentösen Möglichkeiten bei Vestibulopathien beschränken sich auf zentral dämpfende und -- in beschränktem Mass -- auf zentral stimulierende Medikamente. Eine zentrale Stimulation und damit eine schnellere Kompensation kann auch durch physiotherapeutische Übungen erreicht werden. Letztere vermögen auch Verunreinigungen der Endolymphe oder eine Kupulolithiasis zu beheben.

Bei vaskulär bedingtem Schwindel älterer Personen, aber auch bei anderen Schwindelformen, werden oft vasoaktive Substanzen eingesetzt.

Zentral dämpfende Medikamente

Antihistaminika wie Meclozin (z.B.Peremesin®), Cyclizin (z.B.Marzine®) und Dimenhydrinat (z.B. Medramin®) haben sich unter anderem bei Reisekrankheit wirksam gezeigt. Bei schweren Schwindelanfällen, bei denen eine Ruhigstellung der Betroffenen notwendig erscheint, können die stärker sedierenden Phenothiazine Promethazin (z.B. Phenergan®), Thiethylperazin (Torecan®) sowie Sulpirid (Dogmatil®) verwendet werden.

Cinnarizin (z.B. Stugeron®) und sein fluoriertes Derivat Flunarizin (z.B. Sibelium®) haben antihistaminische und kalziumantagonistische Wirkungen. Ob die Wirkung bei Schwindel mit dem Kalziumantagonismus im Zusammenhang steht, ist nicht klar. Die Unterschiede zwischen Cinnarizin und Flunarizin scheinen hauptsächlich in ihrer Kinetik zu liegen: Flunarizin hat eine viel längere terminale Halbwertszeit (etwa 18 Tage).
In einer Doppelblindstudie erhielten 106 Patienten, die an Schwindel unterschiedlicher Ursache litten, während zwei Monaten Flunarizin (10 mg/Tag) oder Placebo. Mit Flunarizin besserten sich die Schwindelempfindungen in 90% der Fälle, mit Placebo nur in 58%.(5)
Cinnarizin (2mal 75 mg/Tag) war in einem doppelblinden Vergleich mit Placebo vorab bei «Vestibulariskrisen, kreislaufbedingtem und posttraumatischem Schwindel», nicht aber bei Ménièrescher Krankheit und bei Schwindel zentralen Ursprungs wirksam.(6)
Das Nebenwirkungspotential dieser beiden Substanzen gibt allerdings immer wieder zu Diskussionen Anlass. Über längere Zeit verabreicht können sie extrapyramidale Störungen, Depressionen und Gewichtszunahme verursachen.(7)

Als einziges Anticholinergikum kann Scopolamin in Form eines transdermalen therapeutischen Systems (Scopoderm ® TTS) verwendet werden.
In einer kleinen gekreuzten Doppelblindstudie mit 12 Personen wurde es bei durch Wärme erzeugten Schwindelsymptomen geprüft. Sowohl Scopoderm® als auch das Antihistaminikum Meclozin (4mal 25 mg/Tag) erwiesen sich als wesentlich wirksamer als Placebo.(8)

Zentral stimulierende Medikamente

Zu den zentral stimulierenden Medikamenten gehört das insbesondere in bezug auf Schwindel kaum dokumentierte Amphetamin.
In einer einfachblinden Vergleichsstudie wurde das Sympathomimetikum Ephedrin in Form eines 1%igen Nasalsprays bei Personen mit Drehschwindel verschiedener, meist unklarer Ursache verwendet. Von 84 Patienten sprachen 74% auf Ephedrin, aber nur 14% auf Placebo an.(9) Zentral stimulierende Medikamente sind wegen der Missbrauchsgefahr nicht für die alltägliche Praxis geeignet.

Vasoaktive Substanzen

Betahistin (Betaserc®) ist ein oral verabreichbares Histamin- Analogon, das verschiedene Histaminrezeptoren besetzen kann. Es wird zur Therapie der Ménière’schen Krankheit, aber auch bei Schwindel unspezifischer Ursache empfohlen.
In einer zwei Monate dauernden, gekreuzten Doppelblindstudie bei 35 an Morbus Ménière leidenden Patienten konnte jedoch weder in der subjektiven noch in der objektiven Beurteilung ein signifikanter Unterschied zwischen Betahistin (2mal täglich 24 mg in Retardform) und Placebo nachgewiesen werden.(10) Die Autoren dieser Studie analysierten 52 weitere klinische Betahistin-Studien. Nur drei Studien erfüllten nach ihrer Meinung die Anforderungen an ein gutes Studiendesign. Sie schliessen deshalb, dass für Betahistin bisher kein eindeutiger Wirkungsnachweis vorliege. Die wichtigsten Nebenwirkungen von Betahistin sind Kopfschmerzen, Müdigkeit und gastrointestinale Beschwerden. Bei Asthma bronchiale und peptischem Ulkus ist Betahistin kontraindiziert.

Pentoxifyllin (z.B. Trental®) ist ein Xanthinderivat, das die Phosphodiesterase hemmt. Durch seinen Einfluss auf die Viskosität des Blutes und die Verformbarkeit der Erythrozyten vermag es die Mikrozirkulation zu verbessern.(11) In einer Doppelblindstudie erhielten 76 Patienten, die an «Gehör- und/oder Gleichgewichtsproblemen vaskulärer Genese» litten, Pentoxifyllin (3mal 400 mg/Tag) oder Cinnarizin (3mal 75 mg/Tag). Nach sechs Wochen hatte sich der Schwindel mit Pentoxifyllin in 82% und mit Cinnarizin in 61% der Fälle gebessert.(12) Die häufigsten Nebenwirkungen von Pentoxifyllin betreffen den Magendarmtrakt.

Ginkgo biloba wird in standardisierten Extrakten (z.B. Symfona N®) angeboten. Ginkgo soll eine durchblutungsfördernde Wirkung aufweisen, deren Zustandekommen jedoch ungeklärt ist (einzelne Inhaltsstoffe? Zusammenwirken verschiedener Stoffe?).

Ginkgo erwies sich bei Schwindel in zwei Doppelblindstudien als wirksam. In einer erhielten 100 Patienten im durchschnittlichen Alter von 70 Jahren wegen «zerebraler Insuffizienz» Ginkgoextrakt (30 mg Ginkgo-Flavonglykoside täglich) oder Placebo. Nach zwei Monaten trat mit Gingko eine im Vergleich mit Placebo signifikante Verbesserung der Schwindelsymptome ein.(13) In einer zweiten Studie bei 67 Personen, die an «seit kurzem auftretendem Schwindel unspezifischer Ursache» litten, waren nach drei Monaten 47% der mit Ginkgo, aber nur 18% der mit Placebo Behandelten frei von Schwindel.(14)

Co-Dergocrin (z.B. Hydergin®) ist ein äquimolares Gemisch der Methansulfonate von vier hydrierten Mutterkornalkaloiden. Das Medikament hat Wirkungen am adrenergen, dopaminergen und serotonergen System.(15) Klinische Studien, die sich ausschliesslich mit dem Symptom «Schwindel» befassen, sind nicht vorhanden.
In zwei Doppelblindstudien erhielten insgesamt 105 Patienten (im durchschnittlichen Alter von 79 Jahren) wegen «zerebraler Arteriosklerose oder hirnorganischem Syndrom » während drei Monaten Co-Dergocrin (4mal 1,5 mg oder 3mal 1 mg täglich) oder Placebo. In beiden Studien hatten sich nach drei Monaten die Schwindelsymptome mit Co-Dergocrin signifikant mehr verbessert als in der Placebovergleichsgruppe.(16,17)
In einer Doppelblindstudie bei 54 Patienten konnte nach drei Monaten Behandlung kein Unterschied zwischen Co- Dergocrin (3 mg/Tag) und Placebo festgestellt werden, nach weiteren drei Monaten wirkte sich dagegen nur noch Co-Dergocrin signifikant auf die Schwindelsymptomatik aus.(18) Die wichtigsten Nebenwirkungen von Co-Dergocrin sind neben Schwindel (!) Schlafstörungen und Magen- Darmbeschwerden.

Physiotherapie

Zur Behandlung des benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels werden verschiedene physiotherapeutische Manöver empfohlen. Diese dienen der «vestibulären Rehabilitation », die teilweise darauf beruht, absichtlich schwindelauslösende Positionen einzunehmen, um Adaptation und Kompensation zu beschleunigen. Mit raschen Seitwärtsbewegungen des Kopfes soll sich eine allfällige Kupulolithiasis günstig beeinflussen lassen. Nach den Beobachtungen einzelner Kliniker kann mit der ein- oder zweimaligen Durchführung eines solchen «manoeuvre libératoire » der Schwindel in 80 bis 90% zum Verschwinden gebracht werden.(19) Da es sich nicht um kontrollierte Studien handelt, müssen diese Resultate jedoch zurückhaltend interpretiert werden.

Bei chronischem, lagerungs- oder bewegungsabhängigem Schwindel wurden in einer randomisierten Studie 25 Personen einem gezielten, individuell zusammengestellten oder einem «allgemeinen» Übungsprogramm oder einer zentral dämpfenden medikamentösen Therapie zugeordnet. Nach sechs Wochen zeigte sich, dass das individuelle Übungsprogramm den anderen beiden Behandlungsarten in vielen Punkten überlegen war. Mit dem individuellen Programm wurden die Schwindelgefühle stärker reduziert als in den Vergleichsgruppen.(20)

In einer zwei Jahre dauernden Prospektivstudie erhielten 152 Personen, die an chronischem Schwindel verschiedener Ursachen litten (benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel: nur 9%), eine individuelle Rehabilitationstherapie. Insgesamt sprachen über 80% der Behandelten auf die Therapie an. Dabei gab es allerdings gruppenspezifische Unterschiede. So reagierten z.B. kopfverletzte Patienten weitaus weniger gut auf die Therapie. In dieser Studie zeigte sich zudem, dass zentral dämpfende Medikamente die Dauer der Therapie beträchtlich verlängerten. ( 21)

Schlussfolgerungen

Bei akuten Schwindelanfällen ist es sinnvoll, die Erkrankten kurzfristig ruhigzustellen und eventuell mit zentral dämpfenden Medikamenten zu behandeln. Antihistaminika wirken aufgrund ihrer antidopaminergen Komponente auch gut gegen Begleitsymptome wie Brechreiz und Erbrechen. Immobilisierung und zentral dämpfende Medikamente verzögern jedoch die natürliche Kompensation und sollten deshalb nur während wenigen Tagen angewendet werden.

Alle Medikamente mit einer antihistaminischen und/oder einer anticholinergen Wirkkomponente scheinen die Schwindelsymptomatik ähnlich gut zu beeinflussen. Ob zentral stimulierende Substanzen wie Coffein oder Ephedrin bei chronischem Schwindel wirksam sind, müsste in weiteren Studien geklärt werden.
Vo n besonderem Interesse wären dabei placebokontrollierte Vergleiche mit gezielten physiotherapeutischen Übungsprogrammen, die bei den meisten vestibulären Störungen einen echten Nutzen zu bringen scheinen.(22) Insbesondere beim benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel lohnt sich ein Versuch mit Lagerungsübungen.

Bei der Ménière’schen Krankheit kann auch versucht werden, mit einer salzarmen Diät oder mit Diuretika den endolympathischen Druck zu reduzieren.
Bei orthostatischem Schwindel stehen vorsichtiges Aufstehen und Turnübungen im Vordergrund.

Weitere spezifische Behandlungsmöglichkeiten, die nur übersichtshalber erwähnt werden, umfassen die Thrombozytenaggregationshemmer in der Neurologie, Operationen an extrakraniellen Gefässen, Behandlung von Rhythmusstörungen und die Korrektur einer Anämie.

In der Praxis jedoch ist diffuser Schwindel ohne fassbare Ursache eines der häufigsten Probleme. In dieser «vagen», aber äusserst praxisrelevanten Situation gibt es bis anhin keinen wirklich überzeugenden Möglichkeiten. Gewiss muss ein Versuch mit den sogenannten vasoaktiven Substanzen wie Co-Dergocrin oder Ginkgo nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Dabei sollte man sich jedoch bewusst sein, dass die Erfahrungen mit diesen Medikamenten trotz einzelner positiver Studien im wesentlichen enttäuschend   sind.   Da   Placebowirkungen und Spontanbesserungen eine wichtige Rolle spielen, darf eine Besserung im Einzelfall nicht unkritisch als Erfolg des Medikamentes interpretiert werden. Nebenwirkungspotential und Kontraindikationen müssen bei allen Medikamenten sorgfältig beachtet werden. 
In anderen Situationen kann auch die bewusste Verabreichung eines Pseudoplacebos (z.B. eines Multivitaminpräparates) vertretbar sein. Auch bei Schwindel ohne fassbare Ursache zielen körperliches Training und Physiotherapie darauf ab, die zerebrale Integration der divergenten Afferenzen besser zu koordinieren.

Nach gründlicher Abklärung und offener Information über die Grenzen der therapeutischen Möglichkeiten sind viele Patienten auch bereit, den Spontanverlauf abzuwarten oder sich mit Restbeschwerden abzufinden. Eine gute Begleitung des Patienten und das andauernde Engagement des Arztes sind besonders wichtig.

Literatur

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  6. 6) Häusler R et al. Acta Otorhinolarnygol Belg 1989; 43: 177-85
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  22. 22) Hamann KF. HNO 1993; 41: 278-85

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Therapie des Schwindels (28. April 1994)
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