Behandlung systemischer Mykosen

Übersicht

Systemische Mykosen sind in unseren Breitengraden in der Regel opportunistische Infektionen und betreffen meistens Menschen mit einer gestörten Infektabwehr. Durch den zunehmenden Gebrauch von immunsupprimierenden Medikamenten (z.B. in der Onkologie oder der Transplantationsmedizin) und infolge der AIDS-Epidemie haben die systemischen Mykosen an Bedeutung zugenommen. Die praktisch bedeutsamsten Erreger in der Schweiz sind verschiedene Candida- und Aspergillus-Arten, Cryptococcus neoformans und Zygomyceten (z.B. Mucor- Arten).(1)
Die Diagnose ist häufig nicht eindeutig zu stellen, was eine gezielte Therapie erschwert. Steht die Diagnose einer systemischen Mykose einmal fest, so liegt meistens eine schwere Erkankung vor. Diese kann trotz dem Einsatz von systemisch wirksamen Antimykotika gelegentlich letal verlaufen.
Die Therapie der Systemmykosen hat sich in den letzten Jahren gewandelt, insbesondere infolge der Einführung neuerer Antimykotika aus der Gruppe der sogenannten Azole. Diese interferieren ähnlich wie die älteren Antimykotika mit der Synthese von Ergosterol in der Pilzzelle, wodurch die Permeabilität der Pilzzellmembran gestört und die Replikation behindert wird. Insbesondere Fluconazol (Diflucan®) und Itraconazol (Sporanox®) sind wesentlich besser verträglich als die älteren Antimykotika. Diese beiden Substanzen weisen einen Azol-Ring mit drei N-Atomen auf und werden deshalb als Triazole bezeichnet. Die Imidazole (mit zwei N-Atomen: Ketoconazol = Nizoral®, Miconazol = Daktarin®) spielen heute in der Behandlung systemischer Mykosen nur noch eine untergeordnete Rolle.(1, 2, 3)

Amphotericin B

Amphotericin B (Fungizone®, orale Formen: Ampho- Moronal®) wurde vor etwa 40 Jahren als Antimykotikum eingeführt und blieb über Jahrzehnte hinweg das wichtigste Medikament zur Behandlung systemischer Mykosen. Es ist eine natürlich vorkommende Substanz und gegen praktisch alle Erreger systemischer Pilzinfektionen wirksam.
Da es im Magen-Darmkanal kaum resorbiert wird, muss Amphotericin B normalerweise intravenös appliziert werden. äber seinen Metabolismus ist wenig bekannt. Die Plasmahalbwertszeit nach mehrmaliger Anwendung beträgt etwa 15 Tage;(2) nach dem Absetzen kann die Substanz noch mindestens 7 Wochen lang im Urin nachgewiesen werden.
Die therapeutische Breite von Amphotericin B ist gering wegen seiner nephrotoxischen Wirkung. Häufig sind ausserdem Fieber und Schüttelfröste, z.T. begleitet von Kopfschmerzen, Brechreiz und Erbrechen. Diese Symptome treten üblicherweise eine halbe bis drei Stunden nach Beginn der Infusion auf und sind in der Regel zu Beginn der Behandlung am ausgeprägtesten. Amphotericin B führt regelmässig zu Hypokaliämie und Anämie. Nicht selten ist auch eine Hypomagnesiämie und eine daraus folgende Hypokalz-ämie. Thrombozytopenien oder Leukozytopenien sind sehr selten.(3, 4) Mehrere Möglichkeiten zur Verbesserung der Verträglichkeit wurden untersucht. So sollen verschiedene (in der Schweiz nicht erhältliche) Präparate wie z.B. liposomales Amphotericin B oder die Verabreichung in einer Fettemulsion bei gleicher Dosierung weniger Nebenwirkungen als eine konventionelle Verabreichung von Amphotericin B (als Desoxycholat in gepufferter Glukoselösung) verursachen. Aussagekräftige Vergleiche zwischen den verschiedenen Verabreichungsarten fehlen; liposomales oder mit Lipiden komplexiertes Amphotericin B scheint jedoch wesentlich weniger wirksam zu sein als das konventionell verabreichte Präparat in der gleichen Dosierung.
Wichtig zur Vermeidung von Nierenschäden ist es, dass ein allfälliger Volumenmangel vorgängig mit Elektrolyt-Lösungen korrigiert wird.(4) Die Herstellerfirma empfiehlt - ohne dass entsprechende Daten vorliegen - die Zugabe von Heparin (Liquemin® u.a.) zur Infusion, um die Gefahr von Phlebitiden zu verringern. Diese Praxis ist bei Thrombozytopenie kontraindiziert. Um unerwünschte Infusions-Reaktionen zu reduzieren, kann vorgängig eine Glukokortikoid-Dosis (25 mg Hydrocortison, z.B. Solu-Cortef®) verabreicht werden.(3)
Das Risiko für irreversible Nierenschäden steigt an, wenn Amphotericin B mit anderen nephrotoxischen Medikamenten wie z.B. Aminoglykosiden oder Ciclosporin (Sandiummun®) kombiniert wird. Ausserdem kann Amphotericin B die relaxierende Wirkung von Muskelrelaxantien verstärken und zum Anstieg der Digoxin- Plasmaspiegel führen.(4, 5)
Nach Herstellerangaben soll die Dosierung einschleichend erfolgen, wenn der Zustand des Patienten dies zulässt. Dies dürfte wohl bei opportunistischen Mykosen meistens nicht der Fall sein. In klinischen Studien wurde in der Regel schon am ersten Tag die volle Dosis gegeben, eventuell nach Gabe einer Testdosis (1 mg i.v.) 2 bis 4 Stunden vor der eigentlichen Verabreichung. Je nach Erreger werden Tagesdosen zwischen 0,3 und 1,0 mg/kg empfohlen; insbesondere bei Aspergillosen und Mucor-Mykosen gehen die Empfehlungen bis 1,5 mg/kg täglich.(3)

Flucytosin

Flucytosin (Ancotil®) ist gegen ein relativ schmales, aber wichtiges Spektrum von pathogenen Pilzen wirksam (z.B. Cryptococcus neoformans, Candida albicans sowie Aspergillus-Arten). Weil die Erreger unter der Monotherapie häufig resistent werden, wird Flucytosin in der Regel mit Amphotericin B kombiniert. Eine synergistische Wirkung der beiden Substanzen ist für einzelne Erreger nachgewiesen worden. Flucytosin wird zwar enteral recht gut resorbiert, ist in der Schweiz aber nur als Injektionslösung erhältlich. Es hat eine Plasmahalbwertszeit von 3 bis 6 Stunden und wird vorwiegend renal eliminiert.(2)
Auch Flucytosin hat eine geringe therapeutische Breite. Gefürchtet sind vor allem eine dosisabhängige Knochenmarksschädigung (Granulozytopenie und Thrombozytopenie) und Enterokolitiden. Andere gastrointestinale Störungen und Hautveränderungen sind die häufigsten unerwünschten Wirkungen. Ein Anstieg der Leber-enzyme ist meistens reversibel; Einzelfälle von tödlicher Hepatitis sind bekannt. Bei der Kombination mit Amphotericin B ist zu beachten, dass bei einer Nierenfunktionsstörung die Flucytosin-Spiegel und die Gefahr von unerwünschten Wirkungen ansteigen.(2, 3, 4) Bei normaler Nierenfunktion wird eine Tagesdosis zwischen 100 und 150 mg/kg empfohlen, verteilt auf vier Einzeldosen. Maximale Plasmaspiegel sollten zwischen 80 und 100 mg/l, minimale über 25 mg/l betragen (die Herstellerfirma empfiehlt Spiegel zwischen 25 und 50 mg/l).(3)

Miconazol

Miconazol (Daktarin®) hat ein ähnlich breites Wirkungsspektrum wie Amphotericin B und wird ausser in lokal applizierbaren Präparaten auch zur oralen und intravenösen Applikation angeboten. Die orale Bioverfügbarkeit ist mit 25% eher gering, die terminale Plasmahalbwertszeit beträgt 20 bis 24 Stunden.(2)
Die Nebenwirkungen bei systemischer Verabreichung sind so vielfältig und häufig, dass Miconazol heute nur noch eine marginale Bedeutung bei der Behandlung systemischer Mykosen zukommt, am ehesten noch bei Petriellidose (Pseudallescheriase). Häufig sind Thrombophlebitiden, Brechreiz und Juckreiz, aber auch Anämie, Leukopenie, Thrombozytose und Hyponatriämie kommen vor. Miconazol kann auch die für Azole charakteristischen Interaktionen verursachen, die auf der Hemmung von mikrosomalen Leberenzymen beruhen (siehe Tabelle 1).(2)

Ketonconazol

Siehe auch: Infomed Drug Guide: Ketoconazole

Nach der heutigen Beurteilung vieler Fachleute ist Ketoconazol (Nizoral®) trotz seines verhältnismässig breiten antimykotischen Spektrums für eine systemische Therapie ungeeignet. Mykosen, die als mögliche Indikationen in Frage kommen (z.B. Petriellidose, Blastomykose, Histoplasmose), können mit einem der vergleichsweise unproblematischen Triazole behandelt werden. Ketoconazol verursacht zahlreiche unerwünschte Wirkungen und Interaktionen und kann insbesondere Ursache einer gefährlichen Hepatitis sein (etwa ein Fall auf 10'000 Behandelte).

Fluconazol

Fluconazol (Diflucan®) wurde als erstes Triazol bei uns eingeführt. Das Erregerspektrum von Fluconazol deckt sich ungefähr mit demjenigen von Ketoconazol, d.h. das Medikament ist gegen Aspergillus fumigatus und Zygomyceten (z.B. Mucor) unwirksam. Die biologische Verfügbarkeit liegt über 80% und wird vom Magen-pH kaum beeinflusst. Die terminale Plasmahalbwertzeit beträgt 22 bis 31 Stunden. Das Medikament wird wenig metabolisiert, die Ausscheidung erfolgt renal (zu 80% in unveränderter Form). Fluconazol erreicht die Harnwege in hoher Konzentration und diffundiert auch gut in den Liquor. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen von Fluconazol sind Brechreiz, Erbrechen und andere gastrointestinale Störungen sowie Hautausschläge. Hepatotoxische Wirkungen wurden beobachtet, scheinen aber deutlich seltener aufzutreten als unter Ketoconazol. Weitere seltene Nebenwirkungen sind Eosinophilie, Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, Stevens-Johnson- Syndrom und Hypokaliämie.
Das Risiko für Interaktionen ist geringer als bei Ketoconazol; Fluconazol hemmt die menschlichen mikrosomalen Leberenzyme in geringerem Ausmass. Wirkungssteigerung bzw. ein Anstieg der Plasmaspiegel von oralen Antikoagulantien, oralen Antidiabetika, Ciclosporin (Sandimmun®), Zidovudin (Retrovir®), Phenytoin (Epanutin® u.a.) und Rifampicin (Rimactan® u.a.) wurde aber ebenfalls beobachtet (siehe Tabelle 1). Neuere Antihistaminika wie Terfenadin (Teldane® u.a.) werden durch Fluconazol offenbar weniger beeinflusst als durch andere Azole.(5, 6)
Üblicherweise wird zur Behandlung systemischer Mykosen eine Erhaltungsdosis von 200 bis 400 mg einmal täglich empfohlen. Begonnen wird die Behandlung in der Regel mit einer doppelten Erhaltungsdosis. Die Dosierung für die orale und die intravenöse Gabe ist identisch.(6)

Itraconazol

Itraconazol (Sporanox®), das zweite bei uns eingeführte Triazol-Präparat, ist nur zur oralen Verabreichung erhältlich. Das Erregerspektrum von Itraconazol gleicht demjenigen von Ketoconazol und Fluconazol, mit dem wichtigen Unterschied einer guten Wirksamkeit gegen Aspergillen.
Wird Itraconazol auf den leeren Magen eingenommen, so beträgt die Bioverfügbarkeit nur etwa 40%. Wesentlich besser wird das Medikament resorbiert, wenn es gleichzeitig oder unmittelbar nach einer Mahlzeit eingenommen wird. Seine Resorption wird von säurehemmenden Medikamenten beeinträchtigt. Die terminale Plasmahalbwertszeit liegt nach wiederholter Einnahme bei 64 Stunden. Itraconazol wird in der Leber in über 30 Metaboliten umgewandelt. Einer der Hauptmetaboliten ist Hydroxy-Itraconazol, das ebenfalls antimykotisch wirksam ist (Halbwertszeit: 9 Stunden).(2, 7)
Das Nebenwirkungsprofil von Itraconazol entspricht etwa demjenigen von Fluconazol. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Brechreiz, Bauchschmerzen, Schwindel, Juckreiz und Kopfschmerzen. Allergische Hautausschläge, Ödeme und (bei höheren Dosen) Hypokaliämie kommen vor. Ein Fall von Stevens-Johnson-Syndrom ist beobachtet worden. Bei der Langzeitbehandlung wurde über Leberenzymanstieg und periphere Neuropathien berichtet. Mehrere Fälle von reversibler idiosynkratischer Hepatitis sind beschrieben worden; die Hepatotoxizität wird jedoch als deutlich geringer als diejenige von Ketoconazol eingeschätzt. Wie Ketoconazol und Fluconazol ist Itraconazol im Tierversuch in hohen Dosen teratogen. Alle drei Substanzen treten auch in die Muttermilch über.(2, 3, 4, 7)
Wie Fluconazol hemmt Itraconazol hepatische mikrosomale Enzymsysteme in geringerem Ausmass als Ketoconazol. Wahrscheinlich wegen Unterschieden im Ausmass der Hemmung verschiedener Isoenzyme ist das Interaktions-Potential nicht ganz identisch. Die gefährliche Interaktion mit den neueren Antihistaminika ist für Itraconazol dokumentiert. Bei systemischen Mykosen wird Itraconazol üblicherweise in einer Dosis von täglich zweimal 200 mg verwendet. Die Dosis sollte unmittelbar nach dem Essen eingenommen werden. Säurehemmende Medikamente wie Antazida und H2-Rezeptorenblocker sollen frühestens zwei Stunden nach der Einnahme von Itraconazol eingenommen werden.

Praktisches Vorgehen

Candida-Infektionen
Ein sehr häufiges Problem bei Störungen der T-Zell-Immunität sind oropharyngeale und ösophageale Candida-Infektionen. Typische Symptome der Candida-Ösophagitis sind Dysphagie, retrosternale Schmerzen und Schluckbehinderung. Bei 45 bis 95% der AIDS-Patienten werden oropharyngeale und/oder ösophageale Candida-Infekte beobachtet. Meistens handelt es sich bei den Erregern um Stämme von Candida albicans.
Lokal applizierte Antimykotika wie Amphotericin B (Ampho-Moronal®- Lutschtabletten) und Nystatin (Mycostatin®-Suspension u.a.) sind bei oropharyngealen und ösophagealen Candida-Infektionen wirksam. Wegen der einfacheren Anwendung werden heute aber vermehrt systemisch wirksame Azol-Präparate eingesetzt. Oft wird empfohlen, eine Fluconazol-Einzeldosis von 150 bis 400 mg zu verabreichen. Besser dokumentiert ist allerdings eine Fluconazol-Behandlung über ein bis zwei Wochen. Mit einer Dosis von 100 bis 200 mg täglich lassen sich in 80 bis 100% klinische und in 45 bis 85% mykologische Heilungen erzielen. Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich in mehreren kontrollierten Studien auch mit Itraconazol (100 bis 200 mg täglich).
Auch bei gutem Ansprechen auf die Behandlung werden aber schon im ersten Monat bei mehr als der Hälfte der Behandelten Rückfälle beobachtet. Eine Sekundärprävention mit Fluconazol (100 mg täglich während Monaten) konnte bei HIV-Infizierten die Rückfallrate auf 7% senken. Es gibt auch Berichte über eine erfolgreiche Sekundärprophylaxe mit einer Dosis von 200 mg Fluconazol pro Woche. Einem sechsfach höheren Risiko für Rückfälle waren diejenigen unterworfen, bei denen die CD4-Lymphozytenzahl unter 100/ml gesunken war.(6) Unter antimykotischer Dauer-Behandlung mit Fluconazol nimmt allerdings das Risiko für Infekte mit resistenten Candida-albicans-Stämmen zu. Auch dafür scheint eine niedrige CD4-Zahl ein prädisponierender Faktor zu sein. Um Azol-Resistenzen möglichst zu vermeiden, wird empfohlen, eine Soor-Prophylaxe erst bei häufigen Rückfällen (z.B. 3 pro Monat) zu beginnen.(8)
Beruht die Infektion auf einer anderen Candida-Art, so sind die Triazole eventuell von Anfang an unwirksam. Dies ist unter anderem bei Infektionen mit C. krusei und z.T. auch mit C. tropicalis der Fall. Amphotericin B ist in der Regel wirksam.
Bei schweren Candida-Infektionen anderer Lokalisation galt bis vor kurzem Amphotericin B mit oder ohne Flucytosin als Mittel der ersten Wahl.(3) In letzter Zeit konnte aber die Wirksamkeit von Fluconazol vermehrt auch bei solchen Infektionen dokumentiert werden.
In einer randomisierten Studie wurde Amphotericin B (0,5 bis 0,6 mg/kg täglich i.v.) mit Fluconazol (400 mg täglich) bei 206 Patienten mit Candida-Fungämie, jedoch ohne Granulozytopenie, verglichen. Die häufigsten Grunderkrankungen waren chronisches Nierenversagen, nicht-hämatologische Malignome und gastro-intestinale Erkrankungen. Mit beiden Behandlungen wurden bei 70 bis 80% der Behandelten klinische Erfolge erreicht; auch die Mortalität war vergleichbar. Unerwünschte Wirkungen waren unter Fluconazol signifikant seltener.(9)
An einem weiteren randomisierten Vergleich zwischen Amphotericin B und Fluconazol bei invasiven Candida-Infekten waren unter anderen auch 60 Kranke mit Neutropenie beteiligt. Im Vergleich mit Amphotericin B war Fluconazol gleich wirksam, aber besser verträglich.(10) In kleineren Arbeiten wurde Fluconazol auch bei Candida-Endophthalmitis als wirksam beurteilt,(11) Vergleichsstudien stehen aber noch aus. Fluconazol war in einer kontrollierten Studie ähnlich wirksam wie Amphotericin B- Blasenspülungen bei Candida-Infektionen der Niere und ableitenden Harnwege.(12)

Aspergillus-Infektionen
Aspergillen gehören zu den Schimmelpilzen und sind nach den Candida-Arten die zweithäufigsten Erreger von im Spital erworbenen Pilz-Infektionen. A. fumigatus ist am wichtigsten, seltener sind A. flavus und A. niger sowie noch andere Aspergillus-Arten von Bedeutung. Die Infektion geschieht durch Inhalation von Aspergillus-Sporen. Je nach Resistenzlage der Betroffenen können sich unterschiedliche, meist pulmonale Erkrankungen entwickeln. Eine allergische bronchopulmonale Aspergillose wird vorwiegend bei immunkompetenten Personen mit chronischen Lungenerkrankungen beobachtet. Symptome sind Husten, vermehrte Sputum-Produktion und erhöhte IgE-Spiegel. Als Behandlung kommen in erster Linie systemische Glukokortikoide in Frage. Ein Aspergillom ist eine kugelige Pilzkolonie, welche bei Immunkompetenten durch eine lokale Vermehrung von Aspergillen in Lungenzysten und -kavernen entsteht. Die Behandlung erfolgt wenn möglich durch chirurgische Resektion des Gebildes; andernfalls kann eine Behandlung mit Itraconazol versucht werden.
Eigentliche invasive Aspergillosen sind demgegenüber opportunistische Infektionen. Betroffen sind vorwiegend Personen mit längerdauernder Neutropenie (z.B. therapieinduziert bei Leukämiepatienten nach Knochenmarks-Transplantation) und Steroid-behandelte Träger von soliden Organtransplantaten. Auch bei HIV-Infizierten treten sie im Zusammenhang mit Granulozytopenie auf. Destruierend wachsende Aspergillen können ausser in der Lunge selten auch in Skelett, Gehirn und Leber auftreten. Die Letalität ist bis heute hoch und die Prognose insbesondere bei längerer Granulozytopenie infaust. Als Standard-Behandlung gilt Amphotericin B (täglich 1 bis maximal 1,5 mg/kg i.v.).
Von den bisher erhältlichen Azol-Antimykotika weist Itraconazol die beste Wirksamkeit gegen Aspergillen auf; die gastrointestinale Resorption ist allerdings bei Kranken in schlechtem Allgemeinzustand stark beeinträchtigt. In offenen Studien wurde Itraconazol als initiale Behandlung oder als Erhaltungs-Medikation nach einer Amphotericin-Behandlung mit einigem Erfolg eingesetzt. Vergleichsstudien mit einer Standard-Dosierung von Amphotericin B stehen bis heute noch aus. Itraconazol wird aufgrund der heute vorliegenden Daten als Mittel der zweiten Wahl bei Aspergillose angesehen. Es wird empfohlen, zuerst für drei Tage dreimal 200 mg/Tag, später noch zweimal 200 mg/Tag zu verabreichen.(13)

Kryptokokken-Meningitis
Infektionen mit Cryptococcus neoformans werden in der Regel als Meningitiden manifest. Sie können auch immunkompetente Personen betreffen. Andererseits gehören sie zu den häufigsten opportunistischen Infekten bei Immunkompromittierten. In den USA ist die Kryptokokken- Meningitis bei HIV-Infizierten heute eine der wichtigsten opportunistischen Infektionen und bei etwa 15% die Todesursache.
Zur Behandlung des akuten Infektes gilt Amphotericin B (0,3 bis 0,7 mg/kg i.v. täglich) allein oder in Kombination mit Flucytosin (100 mg/kg täglich) über sechs oder zehn Wochen als Standard-Behandlung.(3)
In einer randomisierten Multizenterstudie bei 194 Patienten wurde untersucht, ob eine solche Behandlung ohne Nachteile von sechs auf vier Wochen Dauer reduziert werden könne. Die kürzere Behandlung resultierte in einer Rückfallrate von 27% (während eines Jahres), wogegen es bei den während sechs Wochen Behandelten nur zu 16% Rückfällen kam. Ein höheres Rückfallrisiko hatten insbesondere Personen mit initialen neurologischen Ausfällen, einer immunsupprimierenden Grundkrankheit oder Therapie.(14)
Ebenfalls dokumentiert ist die Wirksamkeit von Fluconazol bei Kryptokokken-Meningitis. Hingegen ist umstritten, ob Fluconazol einer Behandlung mit Amphotericin B ebenbürtig ist. In einer grossen randomisierten Studie bei 194 Personen war Fluconazol (200 bis 400 mg täglich) ähnlich wirksam wie Amphotericin B (0,5 mg/kg täglich) in Kombination mit Flucytosin (150 mg/kg). Tendenziell kam es unter Fluconazol aber häufiger zur Progression der Erkrankung (bei 20%; unter Amphotericin B/Flucytosin 11%), klinische Heilungen wurden in 34% bzw. 40% erzielt (Unterschiede nicht-signifikant).(15) Eine kleinere randomisierte Studie musste abgebrochen werden, weil bei 8 von 14 Behandelten Fluconazol ungenügend wirksam war.(16)
Itraconazol ist bei Kryptokokken-Meningitis weniger gut dokumentiert. Ein theoretischer Nachteil ist seine schlechtere Penetra-tion ins zentrale Nervensystem. In nicht-kontrollierten Studien erwies sich Itraconazol dennoch als wirksam. Möglicherweise wird die schlechtere Penetration durch eine bessere Affinität der lipophilen Substanz zum Nervengewebe wettgemacht.(2)
Rückfälle nach einer Kryptokokken-Infektion müssen bei HIV-Infizierten bei etwa der Hälfte der Behandelten erwartet werden. Zur Dauerbehandlung wird heute in erster Linie Fluconazol (200 mg täglich) empfohlen. Damit konnte die Rückfallrate auf 3% in einem halben Jahr gesenkt werden (gegenüber 37% unter Placebo).(17) In randomisierten Vergleichsstudien war Fluconazol in der Langzeittherapie sowohl Itraconazol (200 mg täglich) wie auch Amphotericin B (wöchentlich 1 mg/kg i.v.) signifikant überlegen.(6)

Andere Erreger
Pilz-Infektionen mit anderen Erregern treten vor allem als endemische Mykosen auf und spielen in Europa eine sehr untergeordnete Rolle. In den USA werden insbesondere disseminierte Histoplasmosen, Kokzidioidomykosen und Blastomykosen beobachtet.(2)
Bei von einem dieser drei Erreger verursachten, schweren Erkrankungen empfehlen auch heute noch viele Autoren eine initiale Behandlung mit Amphotericin B (0,5 bis 0,6 mg/kg i.v. täglich).(3) Bei meningealer Kokzidioidomykose muss Amphotericin B intrathekal verabreicht werden. In einer offenen Studie erhielten 47 Patienten mit meningealer Kokzidioidomykose täglich 400 mg Fluconazol per os. Die Behandlung wurde bei 79% der Behandelten als erfolgreich beurteilt, die Verträglichkeit war allgemein gut.(18) Kontrollierte Vergleichsstudien mit Amphotericin B fehlen bis heute.
Bei nicht-meningealen Kokzidioidomykosen werden Azole zur Dauersuppression und bei weniger schweren Erkankungen als initiale Behandlung angewendet.
Bei der Histoplasmose und bei der Blastomykose haben die Azole Amphotericin B weitgehend verdrängt. Gut belegt ist die Wirksamkeit von Itraconazol (zweimal 200 mg täglich); die Anwendung von Fluconazol ist weniger gut dokumentiert. HIV-Infizierte benötigen nach einer Histoplasmose ebenfalls eine dauernde antimykotische Suppression, z.B. mit Itraconazol.(2)
Selten, aber problematisch sind Infektionen mit Mucor-Arten, die generell nicht auf Azol-

Antimykotische Primärprophylaxe bei HIV-Infizierten?

In einer randomisierten Studie bei 428 Personen mit fortgeschrittener HIV-Infektion konnte gezeigt werden, dass eine Primärprophylaxe mit Fluconazol (200 mg täglich per os) das Risiko für invasive Pilz-Infektionen, insbesondere Kryptokokken-Meningitiden verringert, ohne dass daraus aber ein Überlebensvorteil resultierte.
Während der Beobachtungszeit von durchschnittlich 35 Monaten verstarben in der Fluconazolgruppe 45% und in der Kontrollgruppe 43% der Behandelten. Invasive Mykosen wurden unter Fluconazol signifikant weniger beobachtet (bei 4%, gegenüber 11% bei den Kontrollen). Die Unterschiede waren am ausgeprägtesten in der Gruppe mit einer CD4- Lymphozytenzahl unter 500/ml. Obwohl die Kontrollgruppe mit Clotrimazol, einem lokal wirksamen Antimykotikum, behandelt wurde, war unter Fluconazol auch das Risiko für eine Candida-Ösophagitis signifikant kleiner (1% verglichen mit 8%). Werden auch die oropharygealen Infektionen hinzugerechnet, so betrug das Risiko für eine Candida-Infektion aber auch unter Fluconazol 11%. Dies interpretieren die Autoren als Ausdruck einer Zunahme von Infektionen mit resistenten Stämmen.(19)
Mit der generellen Einführung einer Fluconazol-Prophylaxe bei HIV-Infizierten würde einer Resistenzentwicklung wohl weiter Vorschub geleistet werden. Während eine Gruppe von Fachleuten die primärprophylaktische Anwendung bei fortgeschrittener Immunschwäche befürwortet, wird in der Schweiz im allgemeinen davon abgeraten. Sinnvoll erscheint dagegen, Fluconazol zur Sekundärprophylaxe nach einer Kryptokokken-Meningitis oder bei häufigen Rückfällen von Candida-Infektionen einzusetzen (siehe oben).(8)

Primärprophylaxe bei medikamentös induzierter Knochenmarksaplasie?

Das Risiko für systemische Mykosen ist erhöht bei ausgeprägten, länger als fünf bis zehn Tage dauernden Granulozytopenien, wie sie zum Teil von einer aggressiven Chemotherapie induziert werden. Der Nutzen von Antimykotika zur Prophylaxe ist bis heute umstritten. Bei 257 Personen unter aplasierender Chemotherapie wegen akuter Leukämie vermochte Fluconazol (400 mg täglich) lediglich das Risiko für oberflächliche Mykosen signifikant zu verringern. Invasive Pilzinfektionen entwickelten sich in 4% verglichen mit 8% unter Placebo (Unterschied nicht-signifikant).(20)
In einer weiteren randomisierten Studie wurde Fluconazol (150 mg täglich per os) mit der oralen Verabreichung von Amphotericin B (viermal 500 mg täglich) bei 820 Personen mit akuter Leukämie und Granulozytopenie verglichen. Gesicherte wie auch vermutete systemische Mykosen unterschieden sich dabei in beiden Gruppen nicht signifikant. Hingegen wurden unter Fluconazol fünfmal weniger unerwünschte Wirkungen beobachtet als unter Amphotericin B.(21)
In weiteren randomisierten Studien (auch bei Kindern) war Fluconazol ähnlich wirksam wie orale Polyene (z.B. Nystatin = Mycostatin®) oder Amphotericin B intravenös.
Ein Argument gegen eine prophylaktische Behandlung ergibt sich aus Hinweisen, wonach die Azol-Antimykotika die neutropenische Phase verlängern können.
Weniger umstritten ist eine antimykotische Prophylaxe bei Knochenmarks-Transplantation, wo besonders langdauernde Granulozytopenien auftreten. Zur Verhütung von Pilzinfektionen werden auch physikalische Massnahmen wie Luftfilter eingesetzt.
In einer randomisierten Studie bei 356 Personen senkte Fluconazol (400 mg täglich) das Risiko, an einer systemischen Mykose zu erkranken, gegenüber Placebo von 16% auf 3%. Verhindert wurden in erster Linie Candida-Infektionen, während systemische Aspergillosen nicht beeinflusst wurden. Die durch Pilzinfektionen bedingte Mortalität war ebenfalls signifikant kleiner, hingegen nicht die Gesamtmortalität.(22)
In einer ähnlich angelegten Studie bei 300 Knochenmarks-Transplantierten wurden vergleichbare Ergebnisse erzielt. In dieser Studie war aber unter Fluconazol auch die Gesamtmortalität während der ersten 110 Tage nach Transplantation signifikant kleiner (20% gegenüber 35%).(23)
Amphotericin B in einer prophylaktischen Dosis von 0,1 mg/kg i.v. täglich wurde bei 182 Knochenmarks-Transplantierten mit Placebo verglichen. Unter Placebo wurde tendenziell häufiger eine systemische Mykose vermutet und eine entsprechende Behandlung eingeleitet. Auch war die Gesamtmortalität mit 12% signifikant höher als unter der aktiven Prophylaxe (3%). Autoptisch konnte aber ein Zusammenhang der Todesfälle mit Pilzinfektionen nicht eindeutig gesichert werden.(24)

Schlussfolgerungen

Die Triazole sind heute in vielen Fällen akuter systemischer Mykosen Mittel der Wahl. Sie lassen sich einfacher verabreichen und erfordern weniger Überwachung als Amphotericin B oder Flucytosin. Fluconazol und Itraconazol zeichnen sich aus durch weniger und vor allem weniger gravierende Nebenwirkungen als ihre Vorgänger. Die einfachere Einnahme und die gute Verträglichkeit machen auch erst eine monate- oder jahrelange Einnahme praktikabel, wie sie beispielsweise zur Dauersuppression nach einer Kryptokokken-Meningitis bei HIV-Infizierten benötigt wird. Die langdauernde Anwendung verursacht jedoch enorme Kosten (200 mg Fluconazol oder 400 mg Itraconazol pro Tag kosten monatlich an die 1000 Franken) und trägt potentiell zu einem Überhandnehmen von resistenten Keimen bei. Ob die erwähnten Restriktionen(8) (keine Primärprophylaxe bei HIV-Infizierten, Sekundärprophylaxe erst bei drei Candida-Infekten pro Monat) genügen, um diese Entwicklung zu verhindern, bleibt abzuwarten.
Der Nutzen einer Antimykotika-Prophylaxe bei Krebskranken mit Granulozytopenien konnte bisher nicht belegt werden. Nur bei Knochenmarks-Transplantationen, wo mit einer Fluconazol- Behandlung zumindest Candida-Infektionen verhindert werden können, gibt es positive Erfahrungen.
Amphotericin B bleibt bis heute das wirksamste Medikament zur Behandlung systemischer Mykosen mit Schimmelpilzen und einigen Candida-Arten und ist damit auch das wichtigste Antimykotikum bei einer empirischen Therapie.

Literatur

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Standpunkte und Meinungen

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Behandlung systemischer Mykosen (25. März 1997)
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Die Liste der 100 Medikamente sehen Sie auf der Startseite von 100 Medikamente.
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Behandlung systemischer Mykosen