Therapie der benignen Prostatahyperplasie

Update

Mit zunehmendem Alter haben immer mehr Männer eine vergrösserte Prostata. Eine Grössenzunahme der periurethralen Partien der Prostata kann zu obstruktiven und irritativen Beschwerden führen. Der Zusammenhang zwischen Prostatahyperplasie und Miktionsbeschwerden ist aber nicht immer eindeutig; zum Teil sind andere Ursachen für die Harnwegssymptome verantwortlich.(1,2,3)
Obstruktive Symptome umfassen die Abnahme des Harnstrahls und das Entstehen von Restharn. Zumindest bei einem Teil der Patienten können diese Symptome auf eine benigne Prostatahyperplasie zurückgeführt werden. Bei rund einem Drittel der Fälle beruht die Abnahme des Harnstrahls eher auf einer Detrusorschwäche als auf einer Verengung der prostatischen Harnröhre. (1,2) Auch eine Irritation der glatten Muskulatur im Bereich des Blasenhalses und der proximalen Harnröhre kann zur Obstruktion und so zu einer Verlangsamung des Harnflusses und zu Restharn führen. Daneben sind die wichtigsten irritativen Symptome Dranginkontinenz, initiales Warten und Nachträufeln. Insbesondere dann, wenn die Dranginkontinenz von Harndrang begleitet wird, liegt in ungefähr 80% der Fälle eine Detrusorinstabilität vor.(2)
Die Symptomatik von Miktionsstörungen kann mit dem internationalen Symptomen-Index («International Prostata Symptom Score» = IPSS) und einem Lebensqualitätsindex gewichtet werden. Die für den IPSS verwendeten Fragen sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Eine Punktezahl bis zu 7 entspricht leichten, 8 bis 19 Punkte mittelschweren und 20 oder mehr Punkte starken Beschwerden. Der Symptomenindex erlaubt keine Aussage über die Ursache der Beschwerden.
Neben der Quantifizierung der Symptome sind die Rektaluntersuchung (Karzinom?), die Urinuntersuchung (Hämaturie, Pyurie?) und die Beurteilung der Nierenfunktion zentral. Um ein Karzinom auszuschliessen, soll ferner das prostataspezifische Antigen (PSA) bestimmt werden. Zuverlässige Aussagen über den Grad einer Obstruktion können insbesondere mittels der Bestimmung urodynamischer Parameter (Harnflussrate, Druckflussmessung) und des Restharns gemacht werden.

Chirurgische Therapie

Die transurethrale Resektion gilt immer noch als «Goldstandard» in der Behandlung der benignen Prostatahyperplasie. Für Patienten, die verhältnismässig wenig symptomatisch sind, fallen jedoch die möglichen Nachteile dieser Operation (retrograde Ejakulation bei 70-75%, postoperative Infektionen bei 5-10%, Impotenz bei 5-10%, Inkontinenz bei 2-4%)(3)stärker ins Gewicht. Mit anderen Worten: Am ehesten erfahren Patienten mit stark ausgeprägten präoperativen Symptomen dank der Operation eine Verbesserung der Lebensqualität.(4) Ob die offene Operation (statt der transurethralen Resektion) allenfalls Vorteile bietet, lässt sich auf Grund der vorliegenden Vergleiche nicht sagen. Alternative Behandlungsmöglichkeiten sind jedoch gefragt, zum Beispiel bei Hochrisikopatienten oder wenn die antegrade Ejakulation erhalten bleiben soll.

Medikamentöse Behandlung

Seit der 1986 in pharma-kritik veröffentlichten Übersicht haben sich die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten erweitert. Neue Alpha-Blocker sind erforscht und mit Finasterid auch ein neues therapeutisches Prinzip eingeführt worden.

Alpha-Blocker

In der Prostata und im Blasenhals sind a1-Rezeptoren in hoher Dichte verteilt. Durch die Blockierung der Rezeptoren lässt sich eine Tonusverminderung der glatten Muskulatur dieser Gewebe erzielen. Dies kann eine Verminderung der irritativen als auch der obstruktiven Symptome zur Folge haben.

Prazosin

Prazosin (Minipress®), ein Chinazolinderivat, ist in der Schweiz nur zur Behandlung der Hypertonie registriert. Es hat eine relativ kurze Halbwertszeit von 3 Stunden und muss mehrmals täglich verabreicht werden. In mehreren, vorwiegend kurzen Doppelblindstudien bei Patienten mit benigner Prostatahyperplasie wurden Tagesdosen von 2 bis 4 mg verwendet. Im Vergleich zu Placebo ergab sich in 5 von 6 Studien eine signifikante Beschleunigung der Harnflussrate. Nur vereinzelt konnten gegenüber Placebo auch Verbesserungen der Symptomatik, des Detrusordruckes und des Restharnvolumens erzielt werden.(5,6) Wie bei allen Alphablockern ist bei Prazosin auf die Möglichkeit einer orthostatischen Hypotonie oder Synkope nach der ersten Dosis zu achten. Aus diesem Grund muss Prazosin einschleichend dosiert werden. Als wichtigste Nebenwirkungen werden Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit verzeichnet.

Zwei neue Alphablocker: Terazosin und Alfuzosin

Terazosin

Terazosin (Hytrin BPH®) ist wie Prazosin ein hochselektiver a1-Rezeptorenblocker. Mit Ausnahme des Sättigungszustandes eines Furanrings ist die chemische Struktur von Terazosin und Prazosin identisch. Im Vergleich mit Prazosin hat Terazosin eine höhere Bioverfügbarkeit und eine längere Plasmahalbwertszeit. (7) Nach der oralen Verabreichung werden maximale Plasmawerte innerhalb von 1 bis 2 Stunden erreicht. Terazosin wird in der Leber metabolisiert; die Plasmahalbwertszeit beträgt etwa 10 Stunden. Die Ausscheidung erfolgt mehrheitlich mit der Galle und teilweise auch mit dem Urin.(7)
Klinische Studien: Bis anhin wurden vier Doppelblindstudien publiziert, in denen Terazosin bei benigner Prostatahyperplasie mit Placebo verglichen wurde. In der grössten dieser Studien erhielten 285 Männer während 3 Monaten Terazosin (einmal täglich 2, 5 oder 10 mg) oder Placebo. Gegenüber dem Ausgangswert konnten die mittleren und maximalen Harnflussraten mit allen Terazosindosen signifikant erhöht werden. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen der aktiven Behandlung und Placebo ergaben sich jedoch nur mit der höchsten Dosis (10 mg). Mit dieser Dosis stieg die maximale Harnflussrate im Mittel um 3 ml/sec (unter Placebo nur um 1 ml/sec) an.

Das Restharnvolumen konnte mit keiner Behandlung signifikant verkleinert werden. Bei der Verbesserung der irritativen Symptomatik schnitt Terazosin in den höheren Dosierungen (5 und 10 mg) signifikant besser ab als Placebo. Bei der obstruktiven Komponente erwies sich wiederum nur die höchste Terazosindosis (10 mg/Tag) wirksamer als Placebo.(8)
Unerwünschte Wirkungen: Signifikant häufiger als unter einer Placebobehandlung wurden Schwindel (9%), Asthenie (7%), orthostatische Hypotonie (4%), Schläfrigkeit (3,5%), verstopfte Nase (2%) und Impotenz (1,5%) beobachtet.(7)
Dosierung, Verabreichung: Terazosin ist als Tabletten zu 1 und 2 mg (Hytrin BPH® Starterpackung) und 5 mg (Hytrin BPH®) erhältlich; das Präparat ist zur Zeit nicht kassenzulässig. Terazosin muss nur einmal täglich verabreicht werden. Um orthostatische Probleme zu verhindern, wird anfänglich eine Tagesdosis von 1 mg empfohlen. Nach einer Woche kann die Dosis auf 2 mg erhöht werden. Die Einnahme sollte unmittelbar vor dem Zubettgehen erfolgen. Die Erhaltungsdosis beträgt 5 bis 10 mg/Tag.

Alfuzosin

Alfuzosin (Xatral®) ist wie Prazosin und Terazosin ein Chinazolinderivat. In Tiermodellen konnte gezeigt werden, dass sich Alfuzosin im Vergleich mit Prazosin und Terazosin stärker auf die urethrale als auf die vaskuläre Muskulatur auswirkt, so dass eine höhere Affinität von Alfuzosin zu a1-Rezeptoren im Bereich der Harnwege vermutet werden kann.(9) Etwa 1,5 Stunden nach oraler Verbreichung werden höchste Plasmawerte beobachtet. Alfuzosin wird mit einer Eliminationshalbwertszeit von 5 Stunden zu inaktiven Metaboliten abgebaut, die mehrheitlich mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Bei über 75jährigen ist die orale Bioverfügbarkeit erhöht. Dies ist auch bei Patienten mit Leberinsuffizienz der Fall; zudem muss bei diesen mit einer Verdoppelung der Plasmahalbwertszeit gerechnet werden.(9)
Klinische Studien: Alfuzosin ist bei rund 900 Patienten in 5 publizierten Doppelblindstudien mit Placebo verglichen worden. Die grösste Studie, an der 518 Patienten beteiligt waren, dauerte 6 Monate. Alle Symptome -- mit Ausnahme des Nachtröpfelns -- konnten mit Alfuzosin (3- bis 4mal täglich 2,5 mg) signifikant besser beeinflusst werden als mit Placebo. Nach 6 Wochen waren die mittleren und die maximalen Harnflussraten unter der aktiven Behandlung signifikant höher als unter Placebo. Am Studienende ergaben sich allerdings keine Unterschiede mehr in bezug auf die maximale Harnflussrate: Sie hatte mit Placebo um 1,3 ml/sec und mit Alfuzosin um 1,4 ml/sec erhöht werden können. Die mittlere Restharnmenge war in der Alfuzosingruppe bei Studienende signifikant kleiner als unter Placebo.(10)
Interessant ist der Vergleich mit Prazosin: In einer randomisierten Doppelblindstudie bei 103 Patienten konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den zwei Behandlungsmethoden (3mal täglich 2,5 mg Alfuzosin oder 2mal täglich 2 mg Prazosin) festgestellt werden.(11)
Unerwünschte Wirkungen: Am häufigsten werden Nebenwirkungen auf Grund der Vasodilatation (Schwindel, Kopfschmerzen, orthostatische Hypotonie, Tachykardie) sowie Hautausschläge, Mundtockenheit, gastrointestinale Symptome (Durchfall, Brechreiz, Erbrechen) und Thoraxschmerzen beobachtet.(10)
Dosierung, Verabreichung: Alfuzosin ist als Tabletten zu 2,5 mg für die initiale Behandlung und retardierte Tabletten zu 5 mg (Xatral SR®) erhältlich; auch Alfuzosin ist zur Zeit nicht kassenzulässig. Zu Beginn der Behandlung wird empfohlen, 3mal täglich eine Tablette zu 2,5 mg einzunehmen. Danach kann die Behandlung mit 5-mg-Tabletten (morgens und abends 1 Tablette) fortgeführt werden.

5a-Reduktasehemmer

5a-Reduktasehemmer haben eine ähnliche Struktur wie Testosteron. Sie hemmen die 5a-Reduktase, ein Enzym, das Testosteron zu Dihydrotestosteron reduziert. Dihydrotestosteron ist stärker gewebeaktiv als Testosteron und trägt nach heutigen Erkenntnissen wesentlich zur Induktion einer benignen Prostatahyperplasie bei.(12)

Finasterid

Finasterid (Proscar®), bisher der einzige 5a-Reduktasehemmer, ist in pharma-kritik bereits ausführlicher besprochen worden.(13)In einer Dosis von 1 oder 5 mg/Tag führte es in zwei Doppelblindstudien zu einer Abnahme des Prostatavolumens um durchschnittlich 20% und zu einer signifikanten Zunahme des Harnflusses; die Restharnmenge wurde nicht beeinflusst. Dagegen ergab die höhere Finasteriddosis eine deutliche Reduktion der subjektiven Symptome. Mögliche Nebenwirkungen sind Libidoabnahme, Impotenz und Verkleinerung der Ejakulatmenge.

Kosten der medikamentösen Therapie

Am kostengünstigsten ist Prazosin (Minipress®): eine Tagesdosis von 4 mg verursacht monatliche Kosten von rund 28 Franken. Die neueren Medikamente kosten in wirksamen Dosen zwischen 92 und 102 Franken pro Monat.

Andere nicht- oder minimal-invasive Alternativenhttp://infomed.datapark.ch/admin/rte/images/superscript.gif

Transurethrale Inzision
Bei der transurethralen Inzision («Kerbung») werden Einschnitte vom Trigonum bis in die Urethra gemacht. Vermehrt wird die Kerbung auch auf den prostatischen Teil der Harnröhre beschränkt. Der Eingriff wird Patienten empfohlen, die an obstruktiven Symptomen leiden und relativ kleine Prostatavolumina (bis 30 g) ohne ausgeprägten Mittellappen aufweisen. Diese Kriterien erfüllen rund 80% der Patienten, die einer transurethralen Resektion unterzogen werden.(14)
Die Inzision ist in mehreren randomisierten Studien mit der transurethralen Resektion verglichen worden. Aus vier Studien ergaben sich folgende Resultate: Mit der Inzisionsmethode sank der Symptomenindex um 81%, mit der Resektion um 86%. Die mittlere Harnflussrate stieg mit der Inzision von 8,5 ml/sec auf 15 ml/sec um 76%, mit der Resektion von 8,8 ml/sec auf 18,7 ml/sec um 112%. Postoperative Komplikationen waren in den Inzisionsgruppen deutlich geringer; so klagten 2% über Impotenz (Resektion: 5%), 15% über retrograde Ejakulation (Resektion: 66%), 1% über Inkontinenz (Resektion: 6%) und bei 1% war eine Bluttransfusion nötig (Resektion: 6%).(3) In einer der vier Studien ergaben sich indes bezüglich Impotenz, retrograder Ejakulation und Reoperation keine signifkanten Unterschiede zwischen den zwei Methoden.(15)

Stents
Intraurethrale Endoprothesen, als «Stents» bezeichnet, bestehen aus Kunststoff oder einem feinen expandierbaren Maschengeflecht aus Metall. Randomisierte Vergleiche mit Standardmethoden liegen noch nicht vor. Zwei nicht- kontrollierte Prospektivstudien mit UroLume® ergaben eine signifikante Verbesserung der Gesamtsymptomatik, der Harnflussrate und des Restharnvolumens. Im ersten Monat nach dem Eingriff hatten aber viele Patienten irritative Symptome und bei über 10% mussten die Stents wieder entfernt werden, mehrheitlich wegen falscher Plazierung. Komplikationen wie Migration oder Verkrustung sind möglich.(16,17)

Lasertherapie
Auch die Lasertechnologie wird in verschiedenen Verfahren angewendet. Die meisten Erfahrungen sind mit der transurethralen Ablation gemacht worden. In einer randomisierten Vergleichsstudie wurden 25 Patienten transurethral mit Laser oder mit Elektroresektion behandelt und während 18 Monaten nachuntersucht. Mit beiden Methoden ergaben sich gleichwertige Verbesserungen in Harnflussrate, Detrusordruck und Restharnmenge. Der Symptomenindex lag nach 18 Monaten mit beiden Verfahren um rund 70% tiefer als vor den Eingriffen. Das mittlere Prostatavolumen war in der Lasergruppe um 30%, in der Resektionsgruppe um 60% kleiner als vor dem Eingriff. An Langzeitfolgen (Striktur) litt nur ein Patient aus der Resektionsgruppe.(18)

Hyperthermie und Thermotherapie
Bei der Hyperthermie werden Temperaturen bis 45°C, bei der Thermotherapie Temperaturen über 45°C (mit konduktiver Kühlung der Urethra) angewandt. Die dazu nötige Energie liefern Mikrowellen, die Applikation erfolgt in der Regel transurethral.

Thermotherapie: Eine randomisierte Studie bei 40 Patienten, die eine Thermotherapie oder einen vorgetäuschten Eingriff ohne Applikation von Energie erhalten hatten, ergab folgende Resultate: Drei Monate nach der Thermotherapie war die Symptomatik um 70% verbessert, die Harnflussrate hatte um 60% zugenommen und die Restharnmenge war um 90% kleiner als vor der Behandlung. In der Placebogruppe konnten keine signifikanten Änderungen erzielt werden. 20% der aktiv Behandelten hatten postoperativ eine Harnretention.(19) In einem randomisierten Vergleich mit der transurethralen Resektion (n=79) ergaben sich mit der Thermotherapie zwar wiederum signifikante Verbesserungen in allen drei erwähnten Messgrössen, sechs Monate nach den Behandlungen zeigte sich die Resektionsmethode der Thermotherapie jedoch in allen Punkten signifikant überlegen.(20)
Hyperthermie: Mit einer einmaligen transurethralen Hyperthermie-Behandlung ergaben sich drei Monate nach dem Eingriff gegenüber Placebo signifikant bessere Resultate in bezug auf Symptomatik und Restharnmenge. Mit der aktiven Behandlung wurde die Restharnmenge von 104 auf 52 ml gesenkt, und der Symptomenindex wurde bei 18 von 22 Patienten um über 50% verbessert. Eine Erhöhung der Harnflussrate wurde nicht verzeichnet.(21) In einer anderen Studie wurden mit einer sechsmaligen transrektalen Behandlung gegenüber Placebo die Harnflussrate verbessert, die Restharnmenge aber nicht beeinflusst.(22) Die Hyperthermie wird als sicheres Verfahren ohne schwerwiegende Komplikationen beurteilt.

Hochintensiver fokussierter Ultraschall
Hochintensive Ultraschallwellen lassen sich so bündeln, dass sie im Brennpunkt eine Koagulationsnekrose erzeugen. Mit einer im Mastdarm liegenden Ultraschallsonde wird in einem nur wenige Millimeter grossen Brennpunkt in der Prostata eine hochintensive Energie appliziert. Vorläufige, nicht-vergleichende Untersuchungen haben günstige Resultate erbracht. Nach dem Eingriff kann vorübergehend eine Harnretention oder eine Hämatospermie auftreten.(23)

«Aufmerksames Zuwarten»
Das aufmerksame Zuwarten («Watchful Waiting») ist speziell bei leichteren Fällen eine oft gewählte Option. Was sind die Vorteile, was die möglichen Nachteile einer solchen Entscheidung? Auf Grund eines randomisierten Ver gleichs zwischen «Watchful Waiting» und sofortiger transurethraler Resektion (556 Männer mit leichten bis mittelschweren Symptomen) können zumindest vorläufige Schlüsse gezogen werden: Beim aufmerksamen Zuwarten muss im Vergleich mit der sofortigen Resektion insbesondere mit einer höheren Inzidenz an Urinretention, Restharnmengen über 350 ml und hohen Symptomenindizes gerechnet werden. Entgegen anderen Statistiken verursachte die Resektion weder Inkontinenz noch Impotenz. Anderseits war überraschend, dass sich in bezug auf das sexuelle, soziale und generelle Wohlbefinden auch nach drei Jahren keine Unterschiede zwischen den zwei Methoden ergaben.(24)

Schlussfolgerungen

Eine gutartige Vergrösserung der Prostata erfordert nicht immer eine aktive Behandlung. Bei leichten Beschwerden (bis zu 7 Punkten gemäss IPSS, siehe Tabelle 1) empfiehlt es sich, «aufmerksam» zuzuwarten. Sind mehr Symptome vorhanden, so kann eine Behandlung sinnvoll sein. Gemäss den Richtlinien der WHO muss eine Prostatahyperplasie zwingend behandelt werden, wenn sie wiederholt Harnverhaltungen, eine rezidivierende Hämaturie, Blasensteine, rezidivierende Harnwegsinfekte, eine Niereninsuffizienz oder grosse Blasendivertikel verursacht. In fortgeschrittenen Fällen -- besonders bei Harnverhaltung -- ist ein operatives Vorgehen indiziert. In allen anderen Fällen kann unter zahlreichen Optionen ausgewählt werden; auch das «aufmerksame» Zuwarten ist bei Patienten mit IPSS-Punktezahlen zwischen 8 und 20 durchaus zulässig. Wichtig ist lediglich, dass regelmässig Kontrolluntersuchungen vorgenommen werden. In jedem Fall sollten die Patienten eingehend über die Behandlungsmöglichkeiten und deren Risiken informiert und aktiv in die Entscheidung über das Vorgehen miteinbezogen werden. Bei der Beurteilung der neueren Therapieverfahren ist zu berücksichtigen, dass dazu bisher nur beschränkt vergleichende Untersuchungen und praktisch keine Langzeiterfahrungen vorhanden sind.
Placeboeffekte spielen bei der medikamentösen Behandlung eine grosse Rolle. Auf solchen unspezifischen Wirkungen dürfte auch der fragliche Nutzen der (in dieser Übersicht nicht besprochenen) Phytotherapeutika beruhen. Alphablocker (Alfuzosin, Prazosin, Terazosin) können im Vergleich mit Placebo die subjektive Symptomatik und die Harnflussrate verbessern. Dies gilt auch für den 5a-Reduktasehemmer Finasterid, dessen Wirkung allerdings oft erst nach einigen Monaten eintritt und der den PSA-Wert verändern kann. Ob es sich wirklich lohnt, eines der relativ teuren neuen Medikamente einzusetzen, muss individuell entschieden werden.
Die transurethrale Inzision stellt insbesondere bei kleinen Prostataadenomen mit überwiegend fibromuskulärer Hyperplasie im Bereich des Blasenhalses eine gute, wenig riskante Alternative zur transurethralen Resektion dar. Andere minimal-invasive Verfahren wie z.B. die Laserablation und die verschiedenen thermischen Techniken müssen in weiteren kontrollierten Studien geprüft werden. Interessant wären u.a. kontrollierte Vergleiche zwischen Hyperthermie und medikamentöser Behandlung. Intraurethrale Stents kommen vorderhand nur ausnahmsweise bei Patienten, die nicht operiert werden können, in Frage.

Literatur

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  8. 8) Lepor H et al. J Urol 1992; 148: 1467-74
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  24. 24) Wasson JH et al. N Engl J Med 1995; 332: 75-9

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Therapie der benignen Prostatahyperplasie (8. September 1995)
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