Eisentherapie

Update

Einem Eisenmangel liegt ein Ungleichgewicht von Eisenbedarf und -zufuhr zugrunde. Ein erhöhter Bedarf besteht bei chronischen Blutungen, bei Kindern in Zeiten raschen Wachstums sowie bei schwangeren und stillenden Frauen. Ursachen für eine verminderte Zufuhr sind Mangel- oder Fehlernährung sowie Krankheiten, bei denen die Eisenaufnahme im Gastrointestinaltrakt beeinträchtigt ist. Eisenmangel ist die häufigste Mangelkrankheit und vor allem in Entwicklungsländern weit verbreitet, wo die Eisenzufuhr ungenügend ist oder intestinale Wurminfekte zu chronischen Blutverlusten führen.
Mit dem Eisenmangel hat sich «pharma-kritik» vor achtzehn Jahren befasst.(1) Das meiste hat sich seither kaum verändert.
Gewisse Aspekte haben indessen Nuancen erfahren, worauf in dieser Nummer hauptsächlich eingegangen werden soll.


Symptome und Diagnose des Eisenmangels

Typische Symptome eines Eisenmangels sind die mikrozytäre Anämie und Läsionen der epithelialen Gewebe; auch das Restless-Legs-Syndrom ist relativ oft mit einem Eisenmangel assoziiert. Bevor sich der Eisenmangel zu einem manifesten Krankheitsbild ausbildet, durchläuft er verschiedene Stadien. Am Anfang steht die alleinige Verminderung des Speichereisens. Der Speichereisen-Gehalt wird in der Regel indirekt mit einer Messung des Ferritinspiegels im Serum ermittelt, da eine direkte Bestimmung ein invasives Prozedere (Knochenmarksuntersuchung) erfordern würde. Die Messung des Ferritinspiegels ist die Basisuntersuchung, wenn Verdacht auf einen Eisenmangel besteht. Die untere Normgrenze des Ferritinspiegels wird je nach Quelle unterschiedlich angegeben; als gut abgesicherter Wert gelten 30 µg/l. Ferritin ist ein Protein, das auch in Makrophagen und Leberzellen gespeichert wird. Bei Entzündungen oder Lebererkrankungen können sich daher falsch-negative Resultate ergeben. Es wird deshalb empfohlen, zusammen mit dem Ferritinspiegel als Kontrolle jeweils auch die CRPKonzentration und die ALAT-Aktivität zu bestimmen.
Das nächste Stadium umfasst den Bereich, der zwischen der ausschliesslichen Speichereisen-Verminderung und der ausgebildeten mikrozytären Anämie liegt und auch als funktioneller Eisenmangel oder als «eisendefizitäre Erythropoiese » bezeichnet wird. Es lässt sich als Eisenmangel auf zellulärer Ebene verstehen, indem nicht mehr alle Gewebe ihrem Bedarf gerecht Eisen erhalten; dies kann sich zum Beispiel in einer reduzierten Leistungsfähigkeit äussern. Neben dem
erniedrigten Ferritinspiegel finden sich in diesem Stadium als Zeichen für die eingeschränkte Eisenversorgung weitere abnorme Laborbefunde; dazu gehören namentlich eine erhöhte Protoporphyrinkonzentration in den Erythrozyten, ein
erniedrigter Hämoglobingehalt in den Retikulozyten sowie eine erhöhte Konzentration des Plasma-Transferrinrezeptors (der nicht von Entzündungsreaktionen beeinflusst wird und bei unklaren Situationen, zum Beispiel der Kombination von normalem Ferritin- und erhöhtem CRP-Spiegel, weiterhelfen kann).(2)

Orale Eisentherapie

Wenn eine Eisentherapie nötig ist, steht – als sicherste und in der Regel billigste Methode – nach wie vor eine Behandlung
mit einem oralen Eisenpräparat im Vordergrund. Von den in der Schweiz verfügbaren Monopräparaten enthalten fast alle zweiwertiges Eisen, das besser resorbiert wird als dreiwertiges. In flüssiger Form (Tropfen, Sirup) gibt es nur ein Präparat mit dreiwertigem Eisen. Die übliche Dosierung beträgt 100 bis 200 mg/Tag (als elementares Eisen). Der Zusatz von Ascorbinsäure (Vitamin C) scheint die Resorption zu begünstigen, was aber klinisch wahrscheinlich nicht sehr wesentlich ist. Bei retardierten Präparaten scheint die Resorption eher schlechter zu sein als bei nicht-retardierten.(3) Eine Übersicht zu den wichtigsten in der Schweiz erhältlichen Eisen-Monopräparaten liefert Tabelle 1.
Oral eingenommenes Eisen verursacht häufig gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Stuhlunregelmässigkeiten, Sodbrennen und Bauchschmerzen; in flüssiger Form kann Eisen den Zahnschmelz verfärben. Manchmal lässt sich den gastrointestinalen Beschwerden entgegenwirken, indem man das Eisen mit der Nahrung einnehmen lässt, die Dosis reduziert oder auf ein anderes Eisensalz wechselt. Eisen führt mit diversen anderen Medikamenten zu Interaktionen: so vermindern magensäurehemmende Substanzen (Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker) die Eisenresorption; auch wenn Eisen mit Chinolonen, Tetrazyklinen, Bisphosphonaten oder Levodopa verabreicht wird, kann die Resorption von einer oder von beiden der beteiligten Substanzen gestört sein.

Intravenöse Eisentherapie

Als Indikation für eine intravenöse (oder intramuskuläre) Eisentherapie galten früher nur die Fälle, in denen man wegen
Nebenwirkungen oder mangelnder Compliance (z.B. infolge subjektiver Unverträglichkeit) auf eine orale Behandlung verzichten muss oder in denen die Eisenaufnahme aufgrund einer Malabsorption bei Krankheiten oder nach Operationen nicht mehr gewährleistet ist. Unterdessen wird die intravenöse Eisentherapie breiter eingesetzt und propagiert. Dass sich aber zum Beispiel eine Anämie mit einer intravenösen Behandlung generell rascher beheben liesse als mit einer oralen, ist bislang nicht einstimmig gezeigt.
Zur intravenösen Behandlung werden Eisen-Polysaccharid- Komplexe verwendet. Der Kern besteht aus einem Gel aus Eisen-Oxyhydroxid (FeOOH); er wird umhüllt von Polysacchariden, die den ganzen Komplex stabilisieren und ermöglichen, dass er in kolloidaler Lösung gehalten wird. Nach intravenöser Verabreichung wird der Eisen-Polysaccharid- Komplex von den Phagozyten des retikuloendothelialen Systems aufgenommen, wo das Eisen entweder gespeichert oder wieder in die Zirkulation freigesetzt wird.(4) Eisendextran war der erste verwendete Eisen-Polysaccharid-Komplex. Es besitzt ein relativ hohes Risiko anaphylaktischer und anderer Überempfindlichkeitsreaktionen (mit Hypotonie, Bradykardie, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen) und ist in der Schweiz nicht mehr erhältlich. Ersetzt wurde es durch Eisensaccharat (Venofer®). Auch Eisensaccharat kann potentiell gefährliche Allgemeinreaktionen hervorrufen, gemäss den bisherigen Erfahrungen indessen deutlich seltener als Eisendextran (aus diesem Grund ist die für Eisendextran formulierte Empfehlung einer Testdosis bei Eisensaccharat fallengelassen worden). Schätzungen zufolge liegt die Inzidenz von lebensbedrohenden Überempfindlichkeitsreaktionen bei Eisendextran bei 3 bis 11, bei Eisensaccharat bei 0,6 pro Million Einzeldosen. Eine definitive Aussage darüber, in welchem Mass sich das Risiko unterscheidet, ist jedoch nicht möglich, da es keine prospektiven, auf direkten Vergleichen beruhenden Daten gibt.(5,6) Theoretisch besteht bei der intravenösen Eisenbehandlung die Möglichkeit, dass man mit einer wiederholten Verabreichung eine Eisenüberladung hervorruft; doch lässt sich dieses Risiko vermeiden, indem man die Ferritinspiegel überwacht und beim Erreichen der oberen Normgrenze die Behandlung unterbricht.
Es wird auch diskutiert, dass Eisen, wenn es nach intravenöser Verabreichung in relativ hoher Dosis in die Zirkulation gelangt, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Infektionen begünstigt. Diese Hypothesen sind allerdings noch nicht in grösserem Umfang überprüft worden.(7)

Eisen und chronische Niereninsuffizienz

Bei chronischer Niereninsuffizienz tritt typischerweise eine Anämie auf, deren wichtigste Ursache der Erythropoietinmangel
ist. Das Risiko einer Anämie steigt unterhalb einer glomerulären Filtrationsrate von 30 ml/min rapide an.

Neben der Anämie besteht bei chronischer Niereninsuffizienz aus verschiedenen Gründen ein erhöhter Eisenbedarf, besonders bei Personen unter einer Hämodialyse. Eine Urämie scheint die Eisenresorption zu verschlechtern und über eine Plättchendysfunktion Blutverluste zu begünstigen; unter einer Hämodialyse kommen Eisenverluste durch regelmässige Blutentnahmen hinzu. Wichtigster Faktor für den erhöhten Eisenbedarf ist indessen, wenn bei renal bedingter Anämie eine Behandlung mit rekombinantem Erythropoietin bzw. Erythropoiese- stimulierenden Substanzen wie Epoetin alfa (Eprex ®), Epoetin beta (Recormon®) oder Darbepoetin alfa (Aranesp ®) stattfindet.

Die Behandlung der Anämie mit Erythropoietin dient in erster Linie der Verbesserung der Lebensqualität; ob damit auch andere Faktoren (linksventrikuläre Hypertrophie, Mortalität) günstig beeinflusst werden, ist nicht eindeutig geklärt.(8) Nach der geläufigen Empfehlung soll ein Hämoglobinwert von 11 g/dl angestrebt werden. Eine vollständige Korrektur der Anämie mit einem Hämoglobinspiegel zwischen 12 und 16 g/dl indessen bringt Niereninsuffizienten keinen dokumentierten Nutzen und scheint sogar die Gesamtmortalität zu erhöhen, möglicherweise dadurch, dass die Blutdruckkontrolle erschwert und die Thromboseneigung gefördert werden.(9)

Durch eine Erythropoietin-Behandlung wird die Erythropoiese so stark stimuliert und so viel Eisen aus den Speichern mobilisiert, dass immer mit einem (funktionellen) Eisenmangel zu rechnen ist, falls nicht zusätzlich Eisen verabreicht wird. Zu Beginn der Erythropoietin-Behandlung, in der Korrekturphase der Anämie, besteht der grösste Eisenbedarf. Mit einer Eisenverabreichung lässt sich bei einer Erythropoietin- Behandlung sicherstellen, dass sich die Eisenspeicher nicht entleeren und genügend Eisen für die Erythropoiese vorhanden ist; sie hilft auch, dass die Erythropoietin-Dosis möglichst niedrig gehalten werden kann. Unter einer Erythropoietin- Behandlung ist die untere Grenze für den Ferritinspiegel 200 µg/l bei einer Hämodialyse und 100 µg/l, wenn eine peritoneale bzw. keine Dialyse durchgeführt wird. Bei einem Ferritinspiegel über 500 µg/l soll routinemässig kein Eisen verabreicht werden.(8)

In einigen kleinen Studien wurde untersucht, welcher Weg der Eisenverabreichung zu bevorzugen ist. Bei Niereninsuffizienten unter Hämodialyse ergab sich, dass man mit einer intravenösen Eisengabe (125 bis 200 mg/Woche) einen höheren Hämoglobinwert erreicht bzw. mit niedrigeren Erythropoietin- Dosen auskommt als mit einer oralen Therapie. Bei nicht-dialysierten bzw. mit Peritonealdialyse behandelten Personen ist der Vorteil der intravenösen gegenüber der peroralen Eisentherapie dagegen weniger klar.(8)

Es existieren verschiedene Dosierungsschemen für die intravenöse Verabreichung von Eisen bei Niereninsuffizienz.

Bei hämodialysierten Personen kann das Eisen zum Beispiel bei jeder Dialyse in kleiner Menge als intravenöser Bolus gespritzt werden; es kann aber auch in etwas höherer Dosis in wöchentlichen oder monatlichen Abständen infundiert werden. Als optimale Eisendosis während der ersten 6 Monate einer Erythropoietin-Behandlung werden 25 bis 150 mg/Woche bezeichnet;(10) danach lässt sich die Dosis, abhängig von Hämoglobinspiegel und den anderen Parametern des Eisenstoffwechsels, meistens reduzieren.

Eisen und Schwangerschaft

Obschon während der Schwangerschaft als Reaktion auf den erhöhten Bedarf die Eisenresorption gesteigert wird, entwickelt sich in bis zu einem Viertel der Fälle ein Eisenmangel, weil das über die Nahrung angebotene Eisen nicht reicht. Aus diesem Grund wird bei schwangeren Frauen häufig eine Eisensupplementation durchgeführt, um einer Eisenmangelanämie vorzubeugen. Eine mütterliche Anämie setzt das Kind dem Risiko einer verminderten Sauerstoffversorgung und einer Wachstumsverlangsamung aus und scheint mit niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit und Entwicklungsstörungen beim Kleinkind assoziiert zu sein (wozu wahrscheinlich die Anämie selbst als auch deren Ursache beitragen). Da jedoch in der Schwangerschaft der Hämoglobinspiegel infolge einer Hämodilution (die wahrscheinlich einer verbesserten plazentaren Durchblutung dient) auch physiologischerweise sinkt, ist es nicht ganz einfach, beim Hämoglobinspiegel eine untere Grenze festzulegen. «Offiziell» wird sie im ersten und dritten Trimenon bei 11 g/dl und im zweiten bei 10,5 g/dl angesetzt. Bis zu
einem Wert von 9 g/dl besteht aber eine Grauzone, bei der die Frage nicht gelöst ist, ob damit bereits eine Gefahr für den Fetus verbunden ist.(11)

Bei der Eisensupplementierung in der Schwangerschaft stehen sich zwei Meinungen gegenüber: die eine empfiehlt eine routinemässige Eisenverabreichung, die andere eine selektive, das heisst nur bei niedrigem Ferritinspiegel bzw. nachgewiesenem Eisenmangel (als Grenze für den Ferritinspiegel werden 60 bis 70 µg/l angegeben). Zumindest das Ergebnis einer Cochrane-Zusammenstellung lässt daran zweifeln, dass die routinemässige Verabreichung die bessere
Variante ist: so wiesen schwangere Frauen ohne Anämie, die routinemässig Eisen erhalten hatten, am Geburtstermin zwar höhere Hämoglobinwerte, eine niedrigere Anämierate und seltener einen Eisenmangel auf als die Frauen in den unbehandelten Kontrollgruppen; das durchschnittliche Geburtsgewicht und das Risiko, ein untergewichtiges Kind zu gebären, liess sich mit der Eisengabe aber nicht beeinflussen. Erwartungsgemäss wurden unter der Eisensupplementierung häufiger Nebenwirkungen angegeben. Zudem zählte man bei den eisenbehandelten Frauen mehr Fälle, bei denen die Hämoglobinkonzentration über 13 g/dl anstieg, was möglicherweise ebenfalls mit dem Risiko eines niedrigen Geburtsgewichts verbunden ist.(12)

Bei der prophylaktischen Eisenverabreichung in der Schwangerschaft sind in der Regel keine hohen Dosen nötig. In einer Doppelblindstudie bei gesunden Schwangeren ergab sich, dass der Effekt auf Ferritin- und Hämoglobinspiegel mit einer Tagesdosis von 20 mg geringer, mit 40 mg aber praktisch gleich ist wie mit 80 mg.(13)

Mit der Behandlung der Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft hat sich ebenfalls eine CochraneÜbersicht befasst. Sie zeigt, dass Eisen zwar zu einem Anstieg des Hämoglobinspiegels führt (mit einer intravenösen Behandlung etwas rascher als mit einer oralen). Ob dies den Schwangerschaftsverlauf in anderen, wesentlicheren Punkten beeinflusst, konnte jedoch nicht bestimmt werden; ebenfalls gibt es keine kontrollierten Studien, die einen relevanten Vorteil der intravenösen gegenüber der oralen Verabreichung belegen.(14)

Eisenmangelsyndrom

Als Hinweis dafür, dass ein Eisenmangel zu Symptomen führt, bevor sich eine Anämie entwickelt hat, findet sich zum Beispiel folgende Studie: 136 Frauen im Alter von 18 bis 55 Jahren, die über eine nicht durch ein psychisches oder somatisches Leiden erklärbare Müdigkeit klagten und deren Ferritinkonzentration im Durchschnitt bei etwa 30 µg/l lag, erhielten doppelblind Eisen (80 mg/Tag) oder Placebo. Nach 4 Wochen hatte sich die Müdigkeit, gemessen auf einer 10-Punkte-Skala, in der Eisengruppe von 6,4 auf 4,5 Punkte vermindert, in der Placebogruppe von 6,5 auf 5,6 Punkte.(15) Inwieweit dieser Unterschied, statistisch zwar signifikant, auch klinisch bedeutsam ist, bleibt offen; ebenfalls ist zu bedenken, dass sich solche Studien mit oral verabreichtem Eisen kaum je strikt doppelblind einhalten lassen. Im Diskussionsabschnitt zu dieser Studie wird angeführt, dass es offenbar Personen gibt, bei denen trotz «normaler» Ferritinspiegel von einem Eisenmangel auszugehen ist, und deshalb die üblichen Ferritin-Normwerte möglicherweise zu tief seien. Diese Hypothese ist bislang nicht eingehend geprüft worden und somit weder bestätigt noch widerlegt. Sie dient aber als Grundlage für den Begriff des Eisenmangel- oder Ferritinmangelsyndroms, der seit einiger Zeit herumgeboten wird (notabene weitaus mehr in der Laienpresse als in der Fachliteratur). Die Diagnose eines Eisenmangelsyndroms ergebe sich, wenn ein Ferritinspiegel unter 50 µg/l (zum Teil wird die Grenze gar bei 100 µg/l angesetzt) kombiniert ist mit Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Kopf- und Nackenschmerzen.(16) Allerdings sind diese Diagnosekriterien nie mit entsprechenden Studien validiert
worden, was umso wichtiger wäre, als sie sich auf ein Sammelsurium unspezifischer Beschwerden stützen und eine Krankheit definieren sollen, die von ihren Verfechtern als häufigste überhaupt verkauft wird. Als geeignetste Therapie wird eine intravenöse Eisengabe vorgeschlagen, was ebenso fragwürdig wirkt, da keinerlei kontrollierte Daten existieren. Infolgedessen
muss man solch einer intravenösen Eisenverabreichung experimentellen Charakter zumessen und hinter den Therapieerfolgen, die in Publikumszeitschriften verbreitet werden, eine starke Placebowirkung vermuten.

Schlussfolgerungen

Die Eisenmangelanämie ist die klassische Indikation für eine Eisentherapie. Allerdings haben sich die Einsatzgebiete für Eisen unterdessen erweitert. Dazu gehört vor allem die chronische Niereninsuffizienz, wo eine gute Eisenversorgung hilft, entweder eine Behandlung mit Erythropoietin hinauszuschieben oder mit möglichst niedrigen Erythropoietin-Dosen auszukommen. Konsequenterweise wird man auch in anderen Fällen, in denen Erythropoietin eingesetzt wird, zu einer gleichzeitigen Eisenverabreichung raten (einmal ungeachtet dessen, ob der Einsatz von Erythropoeitin immer einer guten Evidenz folgt).
Unter dem Eindruck, dass das heute verwendete Eisensaccharat weniger Gefahren bietet, ist die intravenöse Eisenbehandlung «salonfähiger» geworden. Auch wenn nicht zu bestreiten ist, dass eine intravenöse Eisenbehandlung eine sinnvolle Option darstellen kann, fragt man sich, ob damit nicht zuviel des Guten betrieben wird. Bei unzureichend definierten Krankheitsbildern wie dem «Eisenmangelsyndrom» eine intravenöse Eisengabe zu propagieren, ohne dass ein Nutzen unter kontrollierten Bedingungen dokumentiert ist, muss man als zweifelhafte Praxis einstufen.
Bei allen Indikationen, also selbst bei der chronischen Niereninsuffizienz, befassten sich die Mehrheit der Studien mit Surrogatmarkern wie Hämoglobin- oder Ferritinspiegel. Welche Konsequenzen eine langfristige Eisenverabreichung hat und ob sich auch bezüglich relevanter Endpunkte Vorteile ergeben, ist noch kaum untersucht.

Standpunkte und Meinungen

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Eisentherapie (12. Mai 2007)
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
pharma-kritik, 28/No. 17
PK169
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