Probleme mit Vitaminpräparaten

Übersicht

Vitamine sind essentielle Nahrungsbestandteile, unentbehrlich für die Entwicklung und das Funktionieren des Organismus. International ist man sich allerdings nicht einig darüber, wie gross der Vitaminbedarf tatsächlich sei. So liegen die sogen. DACH-Referenzwerte (in Deutschland, Österreich und der Schweiz)(1) teilweise deutlich über den allgemein in der EU empfohlenen Werten. Entsprechend gehen auch die Meinungen über die Prävalenz von Vitaminmangelzuständen auseinander. Ein erhöhtes Risiko eines Vitamindefizits besteht wohl besonders bei alten Leuten, Alkohol- und Drogenabhängigen sowie bei polymorbiden Personen. Besteht die Gefahr einer Hypovitaminose, so kann eine zusätzliche Vitamingabe in Form von geeigneten Präparaten sinnvoll sein.

Können Vitaminpräparate aber mehr als Mangelzustände verhindern? Es gibt gute Hinweise, dass eine an Früchten und Gemüsen reiche Ernährung chronischen Krankheiten - Krebs und kardiovaskulären Erkrankungen - vorbeugen kann. Nach populären Theorien sind es in erster Linie die antioxidativen Eigenschaften der Vitamine C, E und von Beta-Carotin, die für eine solche präventive Wirkung verantwortlich wären. Der naheliegende Schluss: Bei gesteigerter Zufuhr, in Form von Vitaminpräparaten, würden die Risiken weiter gesenkt oder doch zumindest ein Teil der Diätfehler der Behandelten wettgemacht. Untermauert werden diese Theorien durch Daten aus Beobachtungsstudien, in denen sich für Personen, die Vitaminpräparate einnahmen, reduzierte Risiken fanden.

Belegt ist heute die Wirksamkeit von Folsäure-Präparaten zur Verhinderung von Neuralrohrdefekten. Auch dass Vitamin D (jedenfalls in Kombination mit Calcium) bei Personen über 65 Frakturen verhindern kann, wird als gesichert angesehen. Es gibt sogar Hinweise, dass Vitamin D nicht nur den Knochenstoffwechsel verbessert, sondern auch die Sturzgefahr verringert (möglicherweise über eine Verbesserung der Muskelkraft). (2) In Bezug auf andere Vitamine sind dagegen noch wenig überzeugende Daten zu positiven und zum Teil gar Anhaltspunkte für negative Auswirkungen vorhanden. Dies soll in den folgenden Abschnitten näher ausgeführt werden.

Vitamin E und Beta-Carotin: Wirksamkeit widerlegt

Die in der Tabelle 1 zusammengestellten Resultate grosser randomisierter Studien zeigen,(3-10) dass insbesondere Vitamin E und Beta-Carotin keine primär- oder sekundärpräventive Wirkung besitzen. Dies gilt für die Vorbeugung sowohl von Herz-und Kreislauferkrankungen als auch von Krebs. Zwar unterscheiden sich Studienbedingungen, Vitamindosis, Kombinationen und Endpunkte in den verschiedenen Studien erheblich. Ein überzeugender, klinisch relevanter Vorteil gegenüber Placebo kann jedoch aus diesen Studien nicht abgeleitet werden. Bemerkenswert ist die signifikant höhere Inzidenz von Lungenkrebs in zwei Studien, in denen Raucher Beta-Carotin erhielten. Kleinere Studien in der Sekundärprävention ergaben teilweise signifikant positive Unterschiede bezüglich einzelner Endpunkte wie Herzinfarkte oder zerebrovaskulärer Ereignisse, doch verblassen diese Daten gegenüber den eindrucksvollen Zahlen der grossen Studien.

In einer neueren systematischen Übersicht wurden 14 Studien zusammengefasst, in denen der Einfluss von Antioxidantien auf die Inzidenz von Karzinomen im Magen-Darm-Bereich (Ösophagus-, Magen-, Kolon-, Pankreas- und Leberzellkarzinom) untersucht worden war. Verwendet wurde dabei meistens Beta-Carotin allein, eine Kombinationen mit den Vitaminen A, C und E oder Vitamin E allein. Die Metaanalyse kommt zum Schluss, es liesse sich kein statistisch signifikanter Einfluss der Vitaminpräparate nachweisen.(11)

Woher kommt dieser Unterschied zu den Beobachtungsstudien? Wahrscheinlich ist die Einnahme von Vitaminpräparaten mit gesundheitsbewussterem Verhalten in anderen Bereichen assoziiert. In den nicht-randomisierten Studien dürfte der positive Effekt der Vitaminpäparate auf einem Selektionsbias beruhen und so vorgetäuscht worden sein.

Nutzen ungenügend belegt

Vitamin C bei Erkältungen

Die Meinung, dass Vitamin C in hohen Dosen vor Erkältungen schützt oder die Heilung bei grippalen Infekten beschleunigt, ist weit verbreitet. Die rezeptfrei erhältlichen «Grippemittel» mit Vitamin C sind wahrscheinlich bei uns die am häufigsten eingenommenen Vitaminpräparate. Mit der Evidenz dieser Wirkung steht es allerdings schlecht. 29 randomisierte Studien zeigten insgesamt keinen präventiven Nutzen von Vitamin C. Lediglich in sechs kleineren Studien, in denen Vitamin C während körperlichen Extrembelastungen (z.B. Skimarathon) eingenommen wurde, fand sich eine signifikante Reduktion von Erkältungen um etwa die Hälfte. In den Studien zur Wirksamkeit von Vitamin C nach Beginn der Erkältungssymptome konnte bisher kein Nutzen bezüglich Dauer oder Schwere des Infektes gezeigt werden.(12)

Vitamine zur Erhöhungder Leistungsfähigkeit

Hersteller von Multivitaminpräparaten versprechen, dass diese Mittel die «Energiereserven» des Körpers aufzufüllen helfen. Diese Behauptung lässt sich allerdings nicht anhand von randomisierten Studien belegen. In einigen Studien wurde der Nutzen von B-Vitaminen bezüglich der kognitiven Leistung oder Stimmung bei älteren Leuten untersucht. Diese erbrachten aber bisher ebenfalls keine Evidenz eines klinisch relevanten Nutzens.(13)

Homozystein-senkendeVitaminpräparate

Hohe Homozystein-Plasmaspiegel stellen nach heutiger Kenntnis einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar. Umstritten ist, ob Homozystein selbst für das erhöhte Risiko verantwortlich ist oder ob es nur einen Marker für einen unbekannten Risikofaktor darstellt. Vitamine aus der B-Gruppe haben eine Homozystein-senkende Wirkung. Studien, die einen Nutzen in der Primärprävention zeigen würden, fehlen bisher

In einer Sekundärpräventions-Studie wurde eine Kombination von Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 (1 mg, 10 mg und 400 µg täglich) untersucht. Personen mit koronarer Herzkrankheit und erhöhten Homozysteinwerten erhielten im Anschluss an eine perkutane Angioplastie doppelblind ein Vitaminpräparat oder Placebo. Die Therapie senkte die Homozysteinwerte; auch mussten in der Vitamin-Gruppe signifikant weniger Kranke wegen einer Restenose erneut behandelt werden (10% gegenüber 16% nach 1 Jahr). Dabei profitierten vor allem Personen, bei denen eine Ballon-Angioplastie ohne Stent-Implantation durchgeführt worden war.(14) Diese Ergebnisse werden in Frage gestellt von einer neueren Studie, bei der in der Vitamin- Gruppe mehr Revaskularisationen durchgeführt wurden als in der Kontrollgruppe (16% gegenüber 11%). Als mögliche Erklärung für die widersprüchlichen Ergebnisse kommen Unterschiede zwischen den beiden Studien in Frage: In die neuere Studie wurden nur Personen aufgenommen, die einen Stent erhalten hatten, sie durften aber niedrigere Homozysteinwerte aufweisen; vor allem Vitamin B6 wurde höher dosiert (Folsäure 1,2 mg, Vitamin B6 48 mg, Vitamin B12 60 µg täglich).(15)

In der VISP-Studie erhielten 3680 Personen nach einem nichtinvalidisierenden ischämischen Hirnschlag 2 Jahre lang doppelblind entweder niedrige Vitamin-B-Dosen (200 µg Vitamin B6, 6 µg Vitamin B12, 20 µg Folsäure) oder hohe Dosen (25 mg Vitamin B6, 0,4 mg Vitamin B12, 2,5 mg Folsäure). Die höhere Dosis senkte zwar die Homozystein-Spiegel; die Häufigkeit von weiteren Hirnschlägen oder von Herzinfarkten und die Mortalität wurden aber nicht beeinflusst. Immerhin konnte eine Beziehung zwischen niedrigeren Homozystein-Spiegeln und einem geringeren vaskulären Risiko gezeigt werden.(16)

Erst grössere randomisierte Studien werden wohl Klarheit schaffen, ob Homozystein-senkende Vitaminpräparate bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen einen Nutzen bringen.

Behandlung neurologischer Erkrankungen

Ein Mangel an Vitaminen der B-Gruppe kann zu neurologischen Erkrankungen führen. Auch kann Vitamin B1 eine Wernicke- Enzephalopathie bei Alkoholmissbrauch und Vitamin B6 neurologische Komplikationen bei Behandlung mit Medikamenten wie z.B. Isoniazid (Rimifon® u.a.) verhindern. Ohne dass ein Nutzen mit randomisierten Studien belegt wäre, werden Vitamine der B-Gruppe ferner für eine Vielzahl idiopathischer neurologischer Erkrankungen (periphere Polyneuropathie, Neuralgien, Neuritiden u.a.) angepriesen.

In einer randomisierten Studie wurde bei Personen mit einer mittelschweren Alzheimer-Demenz die Wirkung einer hohen Dosis Vitamin E (2000 IU täglich) sowie von Selegilin (Jumexal®) untersucht. Der kombinierte Endpunkt umfasste den Tod, den Heimeintritt, den Verlust der Fähigkeit, zwei von drei grundlegenden Aktivitäten des täglichen Lebens selbst zu vollbringen und den Übergang in eine schwere Demenz. Ein Vorteil von Vitamin E liess sich nur errechnen, wenn ein bei Studienbeginn vorhandener Unterschied im «Mini Mental State »-Test (MMS) statistisch mit einbezogen wurde.(17) Ausserdem fehlen bis heute Studien, die dieses Resultat bestätigen.

Behandlung ophthalmologischer Erkrankungen

Ein Mangel an Vitamin A kann zur Nachtblindheit führen und über eine Xerophthalmie und ihre Folgen auch zur Erblindung. Gefährdet sind vor allem mangelernährte Kinder in Entwicklungsländern. Programme zur Verbesserung der Vitamin AVersorgung sind in diesen Ländern weiterhin dringend. Bei uns sind Vitamine in der Ophthalmologie aus einem anderen Grund ein vieldiskutiertes Thema.

In einer Teilstudie der amerikanischen «Age Related Eye Disease Study» (AREDS) konnte erstmals ein Nutzen einer Kombination von antioxidativen Vitaminen und Mineralstoffen in der Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) gezeigt werden. Die 3'640 Teilnehmenden mit einer AMD wiesen zu Beginn der Studie auf einem Auge eine Sehschärfe von mindestens 0,63 auf. Nach dem Zufall erhielten sie Placebo oder ein Vitaminpräparat (täglich 15 mg Beta-Carotin, 500 mg Vitamin C und 400 IU Vitamin E) oder Zink (täglich 80 mg plus 2 mg Kupfer zur Verhinderung einer Anämie) oder das Vitaminpräparat und Zink. In der Kombinationsgruppe war eine geringere Progredienz der Veränderungen zu beobachten; nach 5 Jahren hatte in dieser Gruppe nur bei 23% die Sehschärfe an einem Auge um die Hälfte oder mehr abgenommen, verglichen mit 29% in der Placebogruppe. Die Resultate in den Gruppen mit Vitaminen oder Zink allein erreichten keine statistische Signifikanz.(18) Ein primärpräventiver Nutzen bezüglich AMD ist bisher nicht dokumentiert. Keine Wirkung der Antioxidantien fand die andere AREDS-Teilstudie bei Personen mit altersbedingter Katarakt.

Sollten jetzt alle Personen mit einer altersbedingten Makuladegeneration dieses Vitaminpäparat einnehmen? Es gibt Fachleute, die dies propagieren, obwohl das AREDS-Präparat in der Schweiz bisher nicht zugelassen ist. Es gibt aber durchaus gute Argumente, vorläufig Zurückhaltung zu üben. Bisher fehlt eine Bestätigung des Resultats durch eine weitere Studie. In der Zwischenzeit haben dafür die Bedenken bezüglich Risiken hochdosierter Vitaminpräparate bei älteren Leuten neue Nahrung bekommen (siehe unten).

Rheumatische Erkrankungen

Obwohl oxidative Prozesse auch bei der Genese von rheumatischen Erkrankungen wie Arthrose und rheumatoider Arthritis vermutet werden, gibt es nur vereinzelte randomisierte Studien mit Vitaminpräparaten bei Rheumakranken. Diese lassen keine klaren Aussagen über deren Wirksamkeit zu. Neuere Studien mit Vitamin E zeigten weder eine Verzögerung des Knorpelabbaus noch einen symptomatischen Nutzen bei Gonarthrose und konnten damit frühere positive Studien nicht bestätigen.(19) Noch spärlicher und weniger aussagekräftig sind Studien zu Vitamin E bei rheumatoider Arthritis.

Unerwünschte Wirkungen / Überdosierung

Besonders wenn sie nur vorübergehend eingenommen werden, verursachen Vitaminpräparate kaum unerwünschte Wirkungen. Hohe Dosen können Magenbeschwerden und Durchfall (Vitamin C, Vitamin E, Niacin), eine Plättchenfunktionsstörung (Vitamin E) oder hepatotoxische Wirkungen (Vitamin A, Vitamin E bei Neugeborenen) hervorrufen. Bei längerer Einnahme hoher Dosen von Vitamin C wurden vermehrt Nierensteine beobachtet und wegen einer erhöhten Eisenresorption ist eine Eisenüberladung theoretisch möglich. Beide Wirkungen sind umstritten. Bei Schwangeren erhöht Vitamin A in höheren Dosen das Risiko für einen Abort und wird in Verbindung gebracht mit Neuralrohrdefekten und anderen Missbildungen beim Neugeborenen. Interaktionen mit einer oralen Antikoagulation sind nicht nur für Vitamin K, sondern auch für höhere Dosen Vitamin E belegt.(20)

Chronische Intoxikationen mit den fettlöslichen Vitaminen A und D sind schon lange bekannt. Die Hypervitaminose A verursacht schuppende Hautveränderungen, Störungen des Knochenstoffwechsels und hepatotoxische Wirkungen bis zur Leberzirrhose. Bei der Hypervitaminose D treten Veränderungen des Kalziumstoffwechsels mit Weichteil-Verkalkungen und Hyperkalzämien auf. Exzessive Zufuhr von Beta-Carotin führt zur Gelbverfärbung von Haut und Serum. Dies gilt als harmlos, die Spiegel von Retinol steigen kaum an, da die Konversion zu Vitamin A mit einer gesteigerten Zufuhr von Beta-Carotin nicht Schritt hält.(20)

In mehreren Kohortenstudien war die Einnahme von Vitamin A bei älteren Leuten mit einer erhöhten Frakturinzidenz verknüpft. So fand sich beispielsweise in der «Nurses’ Health Study» bei 72'000 Frauen nach der Menopause in der Quintile mit der höchsten Einnahme (3'000 mcg Retinol täglich oder mehr) eine Erhöhung des Frakturrisikos um 48% gegenüber der Quintile mit der niedrigsten Einnahme (weniger als 1'259 mcg täglich). Die wichtigste Retinol-Quelle bei diesen Frauen waren Multivitaminpräparate. Für Beta-Carotin fand sich keine signifikante Assoziation.(21) Zwei weitere Studien bestätigen den Zusammenhang anhand von Retinol-Konzentrationen im Serum. In beiden Studien fand sich eine «U-förmige» Kurve mit einer leichten Erhöhung der Frakturinzidenz bei den niedrigsten und einer stärkeren bei den höchsten Retinolkonzentrationen. Die Inzidenz einer Schenkelhalsfraktur war in beiden Studien in der Quintile mit den höchsten Werten mehr als doppelt so hoch wie in der Quintile mit mittleren Retinolwerten.(22,23) In den USA werden heute für Frauen wegen der Risiken in der Schwangerschaft und wegen des erhohten Frakturrisikos niedrigere Tagesdosen empfohlen (700 mcg/Tag, Hochstdosis 3'000 mcg/Tag).

Während nicht-randomisierte Studien für die antioxidativen Vitamine C, E und Beta-Carotin keine Anhaltspunkte für unerwünschte Langzeitwirkungen ergeben hatten, ergaben sich mit den grossen randomisierten Studien nun doch Hinweise auf gesundheitsschädigende Einflüsse. Eine erste Metaanalyse von randomisierten Studien mit Beta-Carotin zeigte bereits 1998 ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Todesfälle.(24) Zwei weitere Metaanalysen ergaben eine signifikant höhere Mortalität unter antioxidativen Vitaminen:

Innerhalb der bereits erwähnten systematischen Übersicht zum Einfluss von Antioxidantien auf die Inzidenz von Magen- oder Darm-Karzinomen wurde eine geplante separate Analyse von 7 qualitativ hochstehenden Studien durchgeführt. Unter den Vitamin-Supplementen fand sich eine signifikant höhere Gesamtmortalität als unter Placebo. In 6 von 7 Studien wurde Beta-Carotin verwendet, allein oder in Kombination mit anderen Vitaminen. Zusammengenommen war die Mortalität in den Therapiegruppen um 6% höher als in den Placebogruppen (Unterschied statistisch signifikant, relatives Risiko 1,06; 95%- Vertrauensintervall 1,02 bis 1,10). Erschwert wird die Interpretation des Ergebnisses dadurch, dass nicht systematisch nach Studien mit Mortalitätsdaten gesucht worden war. Auch waren die Studienresultate heterogen und das Resultat nur mit einer von zwei Berechnungsmethoden statistisch signifikant.(11)

Eine weitere Metaanalyse von 19 Studien, in denen Vitamin E in verschiedenen Dosierungen mit Placebo verglichen worden waren, fand bei niedrigen Tagesdosen keine signifikanten Mortalitäts-Unterschiede. In 11 Studien mit Vitamin E in einer Tagesdosis von 400 IE (entsprechend etwa 250 mg alpha-Tocopherol) oder mehr war die Gesamtmortalität aber signifikant höher als unter Placebo (39 Todesfälle mehr pro 10'000 Personen; 95%-Vertrauensintervall 3 bis 74).(25) Eine aktuelle Hypothese erklärt die ungünstige Wirkung auf Herz und Kreislauf damit, dass Vitamin-E-Praparate möglicherweise den Lipoprotein- Stoffwechsel negativ beeinflussen.(26)

Schlussfolgerungen

Vitaminpräparate ersetzen weder eine gesunde Ernährung, noch gibt die «Ergänzung» der Nahrung mit Vitaminpräparaten einen zusätzlichen Schutz vor kardiovaskulären Erkrankungen oder Krebs. Diese Lehre müssen wir aus den grossen randomisierten Studien mit antioxidativen Vitaminpräparaten ziehen. Einzelne Studien mit positiven Ergebnissen beispielsweise bei altersbedingter Makuladegeneration sollten vorsichtig interpretiert werden. Angesichts der Vielzahl von Studien und Endpunkten könnte durchaus das eine oder andere knapp signifikante Ergebnis schlicht dem Zufall zu verdanken sein. Auch müssen wir lernen, Vitaminpräparate als Medikamente anzusehen, bei denen mehr nicht besser bedeutet. Im Gegenteil mehren sich die Anzeichen, dass nicht nur Vitamin A und D, sondern auch Beta-Carotin und Vitamin E bei längerer Einnahme hoher Dosen zu gesundheitlichen Schäden führen können.

Die grössten Probleme verursachen Vitaminpräparate wahrscheinlich indirekt, wenn sie an die Stelle wirksamer Therapien treten. Dabei spielen unkritische Berichte über den Nutzen von Vitaminen in der Laienpresse ebenso eine Rolle wie einzelne Heilsverkünder, die den Vitaminen spektakuläre Wunderwirkungen zuschreiben. Werden Vitamine und andere «Ergänzungsstoffe » statt Medikamenten mit erwiesener Wirksamkeit eingenommen, so sind negative Konsequenzen für die Betroffenen und letztlich für die Volksgesundheit unvermeidlich.

Standpunkte und Meinungen

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Probleme mit Vitaminpräparaten (24. März 2005)
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pharma-kritik, 26/No. 12
PK108
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